Samstag, 7. März 2015

27. Etappe - Cartagena

Cartagena
Haben wir uns immer wieder über die viel zu starken Klimaanlagen beschwert, sehen wir bei der Busfahrt nach Cartagena ein, dass man sie aus einem guten Grund erfunden hat. Denn es ist heiß im Bus, die natürliche Air Condition (alle Fenster auf) bringt leider nicht ganz den gewünschten Effekt. Wir fahren durch sehr flaches Land, meistens an der Küste vorbei, an Armenviertel und Yachthäfen und ganz im Hintergrund kann man die ersten Ausläufer der Anden sehen.
Gegen Abend erreichen wir Cartagena. Die Taxifahrt teilen wir uns mit einem Amerikaner aus Ohio, wodurch sie preislich sehr angenehm wird. Das Terminal ist sehr weit von der Stadt entfernt und wir verbringen eine geschlagene Stunde im warmen Auto, bis uns der Taxifahrer letztendlich in der Hostelzone absetzt, unweit der berühmten, Unesco-prämierten Altstadt. Bereits in Minca haben wir bei Hostelworld uns die Preise angeguckt, die uns die Haare zu Berge stehen ließen. Unser präferiertes Hostel kostet sage und schreibe 25.000 COP, was uns eigentlich zuviel ist und uns dazu bewegen wird, nicht lange in Cartagena bleiben zu können. Bevor wir jedoch einchecken, machen Nikolaus und ich noch einen kleinen Rundgang und klappern so ziemlich jedes Hostel ab, was wir finden können, alle liegen etwa bei 25.000, ein sehr schmuckloses Hostel bietet sich sogar für 20.000 an. Irgendein älterer Mann führt uns ungefragt rum, zeigt uns alle möglichen Hostels und andere Unterkünfte (unter anderem auch ein total heruntergekommenes Hotel, wo man perfekt einen Drogenfilm drehen könnte) und wir entscheiden uns schließlich für das Hostal Las Tortugas.
Als wir zurück zu den Mädels laufen, die auf einer Bank mit dem Gepäck auf uns gewartet haben, wird uns von einer Frau für einen angenehmen Preis ein ganzes Apartment angeboten, ihrer Aussage nach ist es gerade mal fünf Minuten von hier entfernt. Wir folgen ihr und wollen uns das Apartment wenigstens ansehen, merken aber bald, dass sie nicht fünf Gehminuten sondern fünf Taximinuten meinte. Natürlich haben wir keine Lust, jetzt nochmal eine Taxifahrt zu bezahlen, da wird die davor so unglaublich freundliche Dame auf einmal relativ pampig und bietet uns auf die wohl unhöflichste Art und Weise an, das Taxi selber zu bezahlen. Wirklich überzeugt sind wir aber immer noch nicht, da wir keine Lust haben, immer mit dem Taxi zu allen Sehenswürdigkeiten fahren zu müssen, da brüllt die Dame in schlechtem Englisch los: "I am a nice person, people loved to stay with me, there is no reason to be so stupid" und so weiter und so fort. Besonders häufig wiederholt sie die Tatsache, dass sie eine nette Person ist, bis es uns zu bunt wird und wir einfach gehen. Menschen, die derartig betonen müssen, dass sie nette Personen sind, sind es unserer Erfahrung nach meistens nicht.
Wir laufen also zurück zum Hostal Tortuga, wir handeln den brasilianischen Besitzer auf 22.000 COP herunter und gehen relativ bald ins Bett, nach einem kurzen Bier auf dem Plaza Trinidad, der Ausgehplatz für alle jungen Menschen der Stadt.
Da Cartagena teuer ist, planen wir relativ akribisch durch, was wir hier alles machen wollen, schon die 22.000 COP für das Hostel schlagen brutal in unser klamm gewordenes Budget und ein Tag rumhängen wäre unnötig rausgeschmissenes Geld, nicht wie in Minca oder Taganga. Da wir immer noch Lust auf den Karneval haben, nehmen wir am nächsten Tag einen Bus nach Barranquilla, leider sind wir mal wieder viel zu spät aufgestanden und die langsame Busfahrt stiehlt uns weitere Zeit, die wir in Barranquilla verbringen können. Der Busfahrer setzt uns irgendwo in der Stadt ab, offensichtlich in einem unbelebten Vorort. Wir sehen die altbekannten Feiertagsszenen Kolumbiens, betrunkene Menschen, die um Plastiktische versammelt sitzen, Bier trinken und sich nicht unterhalten. Das ist aber auch gar nicht möglich, wird die Musik derartig laut aufgedreht, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht, eine beeindruckend große PA-Anlage steht am Straßenrand, ein stolzer dicker Mann steht daneben und betrachtet wohlwollend, wir der extrem laute Salsa die gesamte Straße mit seiner Lärmkulisse eindeckt. Wir winken uns ein Taxi raus und bitten den Fahrer, uns zu einer zentralen Stelle des Karnevals zu fahren. Als wir ankommen, scheint das meiste aber schon vorbei zu sein, viele der Besucher kommen uns stark angeheitert entgegen und als wir schließlich beim Festumzug ankommen, hüpfen nur noch wenige Gruppen durch die Paradezone. Wir bestaunen eine Weile das bunte Treiben, hatten uns aber eigentlich etwas mehr erwartet. Beim Karneval der Kulturen in Berlin geht's wesentlich lustiger zu, wahrscheinlich sind wir aber einfach zu spät. Nach einer knappen Stunde machen wir langsam die Fliege und fragen bei Leuten nach, wo denn hier jetzt noch was los ist. Nachdem, was wir im Internet gelesen haben, sollten eigentlich in der ganzen Stadt eine 24-Stunden Party toben, davon kriegen wir aber nicht sonderlich viel mit. Wir nehmen einen der lokalen Busse zum Stadtzentrum und laufen quer durch die Gegend, an leeren Salsabars vorbei, Bordellen und Billigrestaurants. Nix Party. Das einzige was passiert ist, dass uns ein Einheimischer, bevor wir in eine nicht sehr einladende Straße abbiegen wollen, warnt, dass hier alle bewaffnet sind und wir mit Sicherheit überfallen werden. Wir lassen uns in einem der billigen Restaurants nieder, essen qualitativ bedenkliches Essen und stoßen mit Bier auf unseren lustigen Karnevalstag an. Da die Busse nicht mehr fahren, nehmen wir ein
Karneval
Taxi zum Busterminal und werden Zeuge einer Szene, die in Europa undenkbar wäre. Schon im Taxi hatten wir Sorge, aufgrund der etwas späten Uhrzeit keinen Bus mehr nach Cartagena zu bekommen und eventuell eine Nacht am Busbahnhof verbringen zu müssen. Direkt nachdem wir das Terminal betreten, brüllt einer der Mitarbeiter "AUTOBUS PARA CARTAGENA" und eine Meute reisewilliger Menschen rennt, mit Tüten, Taschen und schweren Koffern bewaffnet zum Gate, wir stehen glücklicherweise irgendwie mittendrin und werden einfach mitgeschwemmt. Verdammtes Glück.

Der nächste Tag bringt auch schon eine neue geplante Aktivität mit, wie bereits gesagt, ist Cartagena teuer und man sollte sich sicher sein, was man hier genau machen will, sonst lässt man hier viel Geld. Etwas südlich von Cartagena liegt ein kleiner, inaktiver Vulkan, dessen Schlamm in der ganzen Welt berühmt für seine Heilkraft und regenerierenden Fähigkeiten ist. Noch wissen wir nicht genau, was uns erwartet, wir wissen nur, dass wir früh aufstehen müssen, da die letzten Busse bereits am Nachmittag fahren. Um sieben Uhr nehmen wir, nach einem kleinen Frühstück, wieder einen lokalen Bus Richtung Terminal, von wo wir einen weiteren in das Dorf nehmen, welches unweit vom Vulkan liegt. Unser Hostel bietet zwar auch direkte Shuttlebusse an, aber die sind sauteuer, außerdem ziehen wir es deutlich vor, mit Kolumbianern durch kleine Dörfer zu zuckeln, als im klimatisierten Touristenbus zu fahren, auch wenn unsere unsere Route fast zwei Stunden dauert, bis wir endlich im richtigen Dorf sind. Sofort stürzen sich mehrere Jugendliche auf uns, um uns ihre Motoradfahrkünste anzubieten und uns zum Vulkan zu fahren. Wir zuckeln also durch die schöne, sehr flache Landschaft, mit weit entfernten Bergen und einem großen See in der Mitte. 
Der Vulkan ist winzig und erinenrt eher an eine Schmelzhütte. Wir kaufen uns für wenig Geld ein Ticket und klettern in Badekleidung die wenigen Stufen zur Vulkanspitze hinauf. Nikolaus bleibt lieber unten, da er sich nicht sicher ist, ob das Schlammbad mit seinem offenen Zehen so eine gute Idee ist.
Kunst
Oben angekommen, schauen wir in eine zwei Meter tiefe Grube, die mit grauen und stark nach Schwefel riechendem Schlamm gefüllt ist und in der sich schon einige graue Gestalten räkeln. Todesmutig klettern wir ebenfalls in die Grube und lassen uns in den warmen Schlamm fallen und kriegen ungefragt eine Kurzmassage von einer der dort offensichtlich Arbeiten grauen Gestalten. Da der Schlamm enorm mineralhaltig ist, schwimmt man direkt an der Oberfläche und muss sich ordentlich Mühe geben, senkrecht zu schwimmen, da der Auftrieb einem immer wieder ohne Vorwarnung die Beine wegzieht. Anschließend posieren wir natürlich noch für ein lustiges Matsch-Foto und werden ungefragt von einigen Frauen, die den ganzen Quatsch scheinbar schon viel zu lange machen, in den nahen See gewiesen, wo wir mit einigen Waschschüsseln ziemlich grob und stiefmütterlich wieder entschlammt werden. Katja und Emilia ziehen sie ungefragt vor versammelter Mannschaft die Bikini-Oberteile aus und fordern danach noch lautstark ein 3000 COP schweres Trinkgeld von uns ein. Zurück nehmen wir ein überraschend billiges Shuttle nach Cartagena und sehen uns endlich die berühmte Altstadt an, die wirklich wunderschön ist und schauen auf der alten Hafenmauer dem Sonnenuntergang zu. Das einzige Negative, was man über die Stadt sagen muss, ist, dass man leider nicht alleine ist, haufenweise Touristen, besonders viele Kreuzfahrer schieben sich durch die engen Gassen, die einen ein bisschen an Venedig erinnern. Eigentlich wollten wir noch einen Abstecher ins Museum zur Geschichte Cartagenas machen, aber das kostet ganze 20.000 COP, keinen Studentenrabbat.
Die meisten Anwesenden verzogen sich zum Glück abends
Am nächsten Tag planen wir einen Ausflug zum allseits bekannten Playa Blanca, gelegen auf einer der vielen kleineren Inseln, für die diese Gegend berühmt ist. Wieder schlagen wir alle teuren Shuttlebus Angebote aus und nehmen den deutlich längeren, dafür aber auch wesentlich urigeren Weg. Mit einem kleinen Bus fahren wir in erneut in ein kleines  unbedeutendes Dorf und von dort ein privates Taxi, das uns direkt zum Strand fährt. Da wir planen, wild zu campen, haben wir uns davor kräftig mit Lebensmitteln und sonstigem Zeug eingedeckt und hoffen, abseits der unzähligen Strandbars und Hostels einen guten Fleck für unser Vorhaben zu finden. Der Strand ist nicht ohne Grund so beliebt, der Sand ist weiß und weich, das Meer hellblau und dazu auch noch sehr warm. Die Sonne scheint, die Wellen rauschen, alles ist perfekt. Bis auf die vielen Touristen, die sich dort zu Hauf zusammengerottet haben und überteuerte Cocktails aus den Strandbars schlürfen. In einem Reiseblog wurde geschrieben, dass wenn man eine Weile in nördliche Richtung läuft und die vielen Bars und Hostels hinter sich lässt, findet man eine große freie Fläche, wo man ungestört campen kann. Doch direkt als wir den Strand betreten, bietet uns ein Typ an, für nur 7000 COP bei ihm zu Campen, inklusive Küche und richtigem Klo. Wir nehmen das Angebot natürlich sofort an und folgen ihm den langen Weg durch den heißen Sand.
Die Hütte, zu der er uns führt, verfügt über eine kleine Bar und einen überdachten Bereich, wo wir unsere Hängematten aufhängen. Außerdem gibt es eine kleine Küche mit Holzgrill sowie eine Kloschüssel, die ihren Zweck erfüllt. Die nächsten zwei Tage verbringen wir im absoluten Nichtstun, liegen am Strand, gehen schwimmen, liegen wieder am Strand und machen uns Essen. Auch wenn wir bemerkt haben, dass das Gelände direkt neben unserer Hütte herrenlos ist und offensichtlich genau der beschriebene Ort ist, wo man in Ruhe wildcampen kann, stört uns das nicht großartig. Ein Klo sowie eine Küche zu haben, auch wenn beiden nicht berauschend und ziemlich dreckig sind, sind unbestreitbare Vorteile und die 7000 Pesos absolut wert. Und es gibt einfach nichts schöneres, am Morgen in der Hängematte aufzuwachen und als erstes das azurblaue Meer zu sehen.

Nach der zweiten Nacht packen wir wieder unsere Sachen zusammen, verabschieden uns herzlich von unseren Gastgebern, die sehr nett und unglaublich hilfsbereit zu uns waren und laufen den langen Strand zurück Richtung Parkplatz, um wieder nach Cartagena zu fahren. Auf dem Weg wird uns aber ein sehr günstiges Boot Richtung Stadt angeboten, was nicht viel mehr kostet und außerdem viel schneller ist. Wir hüpfen mit unserem Gepäck in das kleine Schnellboot und schießen mit ordentlicher Geschwindigkeit über die aufgewühlte See Richtung Cartagena. Das Boot hüpft mit Vollgas über die hohen Wellen und der Aufprall auf das Wasser gestaltet sich zur Geduldsprobe für unsere Gesäße. Nach einer halben Stunde biegen wir auf eine größere Lagune ein und sehen, wie sich die Neustadt mit ihren großen, weißen Hochhäusern vor uns aufbaut.
Wir laufen zurück zu unserem Hostel, wo wir die meisten Sachen gelassen haben, Kochen, Duschen und verabschieden uns von Katja, die zurück nach St. Marta fährt. Wir machen uns wiederum auf Richtung Bus-Terminal, um unseren Nachtbus nach Medellin, die zweitgrößte Metropole Kolumbiens, zu bekommen. Für viel Geld lösen wir unsere Tickets und besteigen den nächsten kalten Nachtbus.

Paul

Ich, Emilia und Katja

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