Mittwoch, 4. März 2015

25. Etappe - Sta. Marta/Taganga

Auch wenn der Nachtbus wieder alle Grenzen der Klimaanlage austestet, erreichen wir halbwegs ausgeschlafen am nächsten morgen St. Marta. Wir haben uns davor im Internet schlau gemacht und fahren zu einem sehr günstigen, aber nicht sehr schönem Hostel in der Stadt. Später wollen wir dann weiter in die kleineren Orte in der Nähe von St. Marta weiterfahren, die deutlich billiger und nicht so überlaufen sind. St. Marta an sich lohnt sich nicht sonderlich, die Stadt hat weder einen Strand noch architektonisch viel zu bieten. Wir nutzen den Tag vorwiegend dazu, um uns noch ein paar verlorene Kleidungsstücke zu ersetzen und noch ein paar Sachen zu Essen zu kaufen. Leider verfügt das Hostel über keine Hostelküche sondern nur über ein relativ kostspieliges Restaurant, was es für uns noch unsympathischer macht. Wir kochen inzwischen ausschließlich selber und gehen nur dann etwas essen, wenn es gar nicht anders geht.
Da St. Marta nicht sonderlich viele Sehenswürdigkeiten zu bieten hat, ziehen wir schon nach einem Tag weiter. In der brütende Hitze der karibischen Sonne stehen wir an der Straße und winken den kleinen Bus nach Taganga raus. Der Ort soll viel billiger und auch ruhiger sein, außerdem hat er einen Badestrand. Uns wurde dort ein Hostel von Emma und Joe empfohlen, das Alquimista. Die Fahrt in dem kleinen Bus dauert nur etwa zehn Minuten und führt direkt durch die Sierra Nevada, die St. Marta umschließen. Unten im Tal in einer kleinen Bucht liegt das beschauliche Taganga, ein kleiner Ort, der komplett voller Hostels ist. Es ist zwar sehr touristisch, aber in angenehmer Hinsicht, sehr viele Backpacker und auch sehr viele Kolumbianer, die hier selber Urlaub machen. Das Alquimista bietet uns für angenehme 10.000 COP ihre Hängemattenschlafplätze an, mit einem kleinen Frühstück. Die nächsten Tage schlafe ich im ersten Stock auf einer kleinen Terrasse, unter mir ein paar andere Reisende, die noch nicht die Großartigkeit der Hängematte entdeckt haben und sich auf dünnen Matratzen räckeln. Beim Schlafen stören lediglich die Straßenbeleuchtung und das Geschrei der Hähne, die manchmal unvermittelt und unerwartet um zwei Uhr nachts anfangen zu krähen. Ich weiß nicht, wer die Legende mal in die Welt gesetzt hat, Hähne wären gute Wecker. Sie sind ungenau, unberechenbar und dazu auch noch saublöd. Wenn irgendwo im letzten Winkel des Dorfes ein Hahn um zwei Uhr Nachts meint, die ersten Sonnenstrahlen gesehen zu haben und loskräht, wird diese Meldung in Bild-Zeitungsmanier ungeprüft von allen anderen Hähnen übernommen und es wird ganz schön laut im Dorf. Bis einem der Hähne der Irrtum mal auffällt, kann es eine Weile dauern und bis dahin liegt man meistens wach und ärgert sich über diese selten dämlichen Tiere.
Taganga
Wir lernen im Hostel Bene kennen, aus einem kleinem Dorf in Nordhessen, der zuerst einen 6-wöchigen Spanisch-Sprachkurs in Havana gemacht hat und anschließend mit seinem besten Freund noch vier Wochen durch Kuba gereist ist. Wir tauschen viele Geschichten über Kuba aus und es fallen viele Witze über das fürchterliche Essen dort. Zu seiner Begleitung gehört Mina, eine Finnin, die er in Havana kennengelernt hat. Sein Kumpel Konrad ist in der letzten Station, die sie gemacht haben, im Hostel geblieben und will dort erstmal arbeiten. Außerdem hat er sich inzwischen mit Katja, ebenfalls Finnin angefreundet. Während ich mit all diesen Leuten am Tisch sitze und mittagesse, fällt mir auf, dass ich Katja kenne. Ich hab ihr während einer meiner Nachtschichten in Bogota um sechs Uhr morgens ein Taxi zum Busbahnhof gerufen. Wir lachen beide über den lustigen Zufall und ziehen bald schon zu sechst durch die kleinen Straßen Tagangas Richtung Strand.
Das Hostel ist eigentlich ganz schön, es gibt zwei sehr verschmuste Katzen und das Frühstück ist gar nicht mal so übel. Was aber sehr stört, dass dauerhaft der Fernseher läuft. Da sowohl Rezeption, Bar, Küche und Wohnzimmer im selben Hof sind, das Gebäude also nur die Schlafsäle beherbergt, ist man also dauerhaft von den bewegten Bildern abgelenkt. Da der Fernseher auch noch dauerhaft läuft, weil irgendwer immer hinguckt, ist das sehr nervig. Nach drei ruhigen Tagen voller Baden und Essen (in denen ich mich im Übrigen einen unschönen Sonnenbrand hole) ziehen wir mit Bene, Mina und Katja weiter in den angrenzenden Tayrona Nationalpark (in dem ich mir im Übrigen einen noch schlimmeren Sonnenbrand hole). Bene ist dort schon ein paar Tage mit Konrad gewesen und hat eine wunderschöne und völlig abgeschiedene Bucht entdeckt, wo man gut Campen kann. Wildcampen ist im Nationalpark eigentlich verboten, aber man ist wohl nicht so streng dort mit dem Kontrollieren. Wir fahren zurück nach St. Marta und decken uns mit Vorräten für drei Tage ein, kaufen uns einen großen Aluminiumtopf und fühlen uns angenehm ausgerüstet. Außerdem kaufen Emilia, Nikolaus und Ich uns endlich eine vernünftige Hängematte  zum günstigen Preis von 33.000 COP (etwa 12€) auf einem der Märkte. Alles überschüssige Gepäck, wie Pullover, mehrere T-Shirts zum Wechseln und anderes lassen wir im Hostel und füllen unsere Rucksäcke mit den Vorräten, wodurch sie aber genauso schwer sind. Wir nehmen einen der Kleintransporter zum Eingang des Nationalparks, relativ weit im Osten. Bene sagte, dass der Teil des Parkes sowieso viel besser zum Wandern ist, zumal er nicht so touristisch sei.
Dschungel
Beim Einlass sparen Nikolaus, Emilia und Ich eine Menge Geld, als die Dame am Empfang unsere eigentlich nicht mehr aktuellen Studentenausweise annimmt, wodurch der Eintrittspreis von über 30.000 COP auf 7.500 sinkt. Benes abgelaufener Studentenausweis aus Kuba wird nicht angenommen und er flucht auf dem ganzen Weg durch den Wald vor sich hin.
Zunächst marschieren wir eine ganze Weile durch den Wald auf gerader Straße, bis wir Richtung Strand zu einem der Campingplätze abbiegen. Kurz vor dem Campingplatz biegen wir aber in einen Palmendschungel, parallel zum Strand ab und nehmen uns auf dem Weg noch ein paar frisch hinuntergefallene Kokosnüsse mit. Am Strand klettern wir lediglich einen kleinen Hügel hinauf und stehen im Paradies. Die Bucht ist komplett vom anderen Ufer separiert, hat einen kleinen Strand mit ein paar Palmen und Büschen, in denen wir später unsere Hängematten aufhängen. Haufenweise große Felsen ragen ins Wasser, die Nikolaus, Bene und ich bald als Toilette in Anspruch nehmen. In der Ferne sieht man andere Strände und sogar ein kleines Hüttendorf, was aussieht wie ein Eingeborenensiedlung. Vermutlich aber nur eine Unterkunft für Touristen. Man fühlt sich wie in einer Kulisse von Fluch der Karibik.
Am Abend machen wir ein Feuer und legen aluminiumverpackte Kartoffel hinein, die wir mit Sour Creme gierig verspeisen. Noch nie hat selbstgemachtes Essen so gut geschmeckt.

So verbringen wir den kompletten nächsten Tag, wobei diesmal aber das Kochen etwas länger dauert. Wir binden drei große Äste über dem Feuer zusammen um mit Hilfe eines Seiles, was wir am Strand gefunden haben, binden wir anschließend den Topf fest und lassen ihn über dem Feuer hängen. Das Holz brennt aber nicht so lichterloh wie erhofft, also dauert es lange, sogar sehr lange bis der Reis endlich fertig ist. Nach vielen langen Stunden des Wartens schaufeln wir gekochtes Gemüse mit Reis in uns hinein, unsere einzige Mahlzeit des ganzen Tages, abgesehen von den Massen an Kokosnüssen, die wir uns davor zu Hauf aus dem Wald geholt haben. Wirklich gut schwimmen kann man in der Bucht leider nicht, da die Strömungen ziemlich stark sind und viele viele Felsen im Wasser stehen, als Dusche und Notfall Klo ist es aber perfekt.
Unser Camp mit professioneller Feuerstelle
Am nächsten Tag haben wir den Dreh aber etwas besser raus und wir kochen uns zum Mittag eine leckere Suppe, die wir gierig schlürfen. Am Nachmittag, wenn es nicht mehr ganz so heiß ist, wollen wir weiter zu einem Campingplatz ziehen. Ein Freund von Katja, den sie im Hostel kennengelernt hat, hat uns diesen empfohlen und gesagt, dass ihn sein Onkel leitet. Wenn wir ihm sagen, dass wir von seinem Neffen kommen, wird er uns wohl einen guten Preis geben. Wir räumen unser Lager auf, verstauen alles wichtige wieder in den inzwischen viel leichteren Rucksäcken und marschieren durch den Park. Bene hat uns schon erzählt, dass die Vegetation sich hier alle fünf Minuten ändert und er hat nicht übertrieben. Wir ziehen über weiße, flache Strände, tiefen Urwald, steile Pfade und leicht wüstenähnliche Gebiete und sehen nach einer Weile Laufen zum ersten Mal wieder andere Menschen.
Als hätten wir es geplant, erreichen wir den Campingplatz genau dann, als die Sonne gerade untergeht. Der Onkel ist leider nicht da, aber dennoch können wir den Leiter auf die angenehmen 10.000 COP pro Person in der Hängematte herunterhandeln. Da das Hostel nur einen Steinherd mit Holz hat, kochen wir wieder sehr rustikal auf der Flamme. Es gibt selbstgemachten Humus, den wir mit den übrig gebliebenen Salzcrackern essen. Während des Essens erzählt Bene von seinem Plan, zurück im Hostel in Taganga für uns alle eine Lasagne zu machen und nach drei Tagen Bohne, Reis und Gemüse können wir es kaum abwarten, wieder etwas anderes zu Essen.
Am Morgen planen wir eigentlich direkt zurückzulaufen, aber noch davor an einem kleinen Strand halt zu machen. Unsere heutige Strecke führt uns an einem Indianerdorf vorbei, der Nationalpark ist auch Indianerschutzgebiet. Wir marschieren eine Weile durch den tiefen, wunderschönen Urwald, nach etwa einer Stunde kommen wir am Strand an, wo sich schon eine Menge Leute am Imbissstand den Magen füllen. Wir fragen, wie wir am besten zum Südausgang kommen und ein anwesender Amerikaner sagt uns, dass wir mindestens vier bis fünf Stunden brauchen werden, da der Weg extrem steil ist. Das ist für uns etwas doof, zumal die Konditionen auch nicht so vorhanden sind, fünf Stunden langes Bergsteigen zu machen. Wir entscheiden uns nach langen Überlegen dafür , doch eines der Motorbote nach Taganga zu nehmen und erleben eine ordentlich schnelle Fahrt mit unglaublichen Bildern. Zur Feier des Tages fahren wir eine zeitlang sogar direkt in den Sonnenuntergang hinein.
Zurück in Taganga gehen einige von uns schnurrstracks in die Dusche, Bene hingegen ist in der Hostelküche unermüdlich am Schuften und Kochen und zaubert uns in wenigen Schritten eine leckere Lasagne auf den Tisch, die wir mit Hingabe verschlingen. Wir legen noch einen weiteren faulen Strandtag in Taganga ein und entschließen uns daraufhin, nach Minca zu fahren, ein kleines Dorf etwas südlich von St. Marta, wo es ein wirklich tolles Hostel geben soll, zufällig dasselbe, in dem Benes Kumpel Konrad gerarde arbeitet. Wir sind gespannt darauf, Benes bessere Hälfte kennenzulernen und Katja, mit der wir uns in der Zeit gut angefreundet haben, schließt sich uns an. Bene und Mina wiederum fahren zurück nach Bogota, um von dort nach Ecuador weiterzufahren, da Minas Visum bald abläuft. Wer weiß, hoffentlich sehen wir beide mal wieder. Die Welt ist manchmal sehr klein.

Paul


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