Besagtes Hotel |
Ein Bild des Grauens |
Wir verlassen unsere vier Wände und machen uns erneut auf die Suche nach etwas Essbarem, ich werde schon fast wahnsinnig nach beinahe drei Tagen ohne wirkliche Nahrung. Nikolaus und Emilia hauen sich zum x-ten Mal den Magen mit Rührei voll, während ich mich wieder an der kubanischen Straßenpizza versuche. Doch schon nach einem Bissen geht nichts mehr und ich verstehe nicht, wie ich das Essen die ersten Tage in Kuba runterkriegen konnte bzw. sogar einigermaßen lecker fand. Der Käse schmeckt nach Stall und Schimmel, der Teig ist dick und fad. So kommt es dazu, dass am helllichten Tag und strahlendem Sonnenschein eine unglückliche Pizza durch die Straßen von St. Clara segelt und mit einem widerlichen Geräusch auf dem Bürgersteig zerklatscht, wo sich ein Straßenhund schon erfreut über sie hermacht. Emilia hat gute Mühe, mich wieder zu beruhigen, sie fand mich, nach eigener Aussage wirklich bedrohlich. Auf dem weiteren Weg schimpfe ich lauthals über das "verkackte Nahrungssystem" des Landes und brülle noch ein paar vorbeifahrende wild hupende Autos an, ein Verhalten, dass in Kuba völlig normal ist. Viele lassen sich extra größere und lautere Hupen in ihr Auto einbauen, um besonders cool zu sein. Ein Kubaner, der nicht hupt, gilt vermutlich als schwul.
Was ich an diesem Tag auch immer gegessen hab, es hat irgendwie gereicht, um mich satt und wieder halbwegs erträglich für meine Umwelt zu machen. Gefüllt gehen wir in einen der staatlichen Telepuntos, große Internetcafés, die immer noch teuer sind, aber dafür auch eine etwas schnellere Verbindung haben als so manch anderer Computer. Nach langem Überlegen buchen wir endlich unsere Tickets nach Bogota, Kolumbien für 280€ pro Person. Die günstigen Angebote, die wir in Tulum noch gefunden haben, scheinen nicht wieder zu kommen, weshalb wir nun in den sauren Apfel beißen. Unser Flug geht am 1. Weihnachtsfeiertag um eine indiskutabel frühe Uhrzeit von Havana ab, wir haben also immer noch über eine Woche, die wir in Kuba verbringen werden. So sehr ich mich auch auf das Land gefreut habe, kann ich nicht leugnen, ein bisschen dem Abflugdatum entgegen zu sehnen. Nach zwei Wochen in Kuba fühle ich mich immer noch nicht wirklich wohl.
Che Guevara Memorial |
Das hindert uns allerdings nicht daran, am nächsten Morgen das Che-Guevara Denkmal zu besichtigen, eine flache, breite Gedenkstätte mit einer riesigen Statue von Che mit dickem Kalaschnikow in der Hand, gesäumt von zwei großen Gedenktafel. Die eine zeigt eines der wichtigsten Schriften Ches, die andere die Rede Fidel Castros zur Einweihung. Ebenfalls Teil der Gedenkstätte ist ein kleines Museum, das offensichtlich jeden Gegenstand ausstellt, den Che einmal besessen oder angefasst hat. Für einen Fan muss es wohl wie eine kleine Offenbarung sein, das originale Fernglas zu sehen, das Che während einer Studentenreise in den 50ern besessen hat. Als krönender patriotischer Abschluss dürfen wir noch die Urnen bestaunen, die Ches Asche und viele anderen heldenhaft gefallenden Guerillas beherbergen. Das ganze ist angenehmerweise umsonst, die Gehirnwäsche war also wenigstens kostenlos.
Am nächsten Morgen weckt mich ein monotones Geräusch, das so klingt wie, als würde eine Faust gegen ein Stück Holz geschlagen werden. Nach einer Weile wird unsere Zimmertür geöffnet und ich brauche einige Zeit, um zu verstehen, dass das Stück Holz vermutlich eben diese Tür gewesen sein muss. Plötzlich steht die Casa Lady im Zimmer und ist wegen irgendetwas sehr aufgebracht. Sie erwartet Gäste um zwölf und sieht sich deshalb gezwungen, uns über eine Stunde vorher schon ordentlich Dampf unterm Hintern zu machen. Eigentlich würde ich ganz gerne duschen, aber die Zeit bleibt wohl nicht mehr. Die Dame war davor eigentlich immer sehr nett zu uns, aber jetzt, wo sie das Gefühl hat, durch uns einen eventuellen finanziellen Verlust beklagen zu müssen, ist alle Freundlichkeit verflogen. Mit bösem Kater schmeiße ich mit den anderen unsere jeweiligen Sachen in ihre jeweiligen Rucksäcke und verlassen die Unterkunft. Die Dame ist offensichtlich böse mit uns und verwährt uns das Frühstück. Nach ein paar frischen Orangen und einem kubanischen Espresso kehren aber die Lebensgeister zurück und wir machen uns, diesmal mit einem Motoradtaxi auf Richtung Busbahnhof. Uns wurde immer wieder gesagt, dass die Nordküste Kubas die mit Abstand schönsten Strände zu bieten hat, also haben wir uns ohne jegliche Vorkenntnisse und Erfahrungen für eine kleinere Stadt an der Küste entschieden, unweit der Stadt Barradero, die wider rum für ihren extremen Tourismus bekannt ist. Extrem im Sinne von Teuer und voller unangenehmer Leute.
Scheinbar ist unser Zielort aber nicht sonderlich bekannt, weder Camionetas noch Busse fahren freiwillig dorthin. Wir beißen also mal wieder in den sauren Apfel und nehmen für viel Geld ein Taxi, das sich bereit erklärt, die zweieinhalb Stunden Fahrt in Kauf zu nehmen. Das Gepäck passt nicht mal halbwegs in den Kofferraum und findet dementsprechend neben uns auf der Rückbank Platz und ab geht die Fahrt.
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