Samstag, 14. Februar 2015

19. Etappe - Sancti Spiritus

Der Viehtransporter ist brechend voll. Da wir als eine der Ersten eingestiegen sind, haben wir das unbeschreibliche Glück, einen der Sitzplätze ergattert zu haben, auch wenn sie diese Bezeichnung eigentlich nicht verdienen. Die schmalen Holzplatten haben keine Lehne, der Rücken drückt also gegen die unebene Stahlwand, durch das enorme Geschaukel und Geruckel wird die Fahrt nicht sonderlich angenehm. Emilia hat vor der Reise zum Glück Anti-Durchfall-Tabletten gekauft, die ich mir eingeworfen habe. Ich kann die Dinger allerdings nicht sonderlich empfehlen, da sie für einige Tage die komplette Verdauung mehr oder weniger aussetzen und die Krankheit somit ins Gegenteil verkehren. Ich sitze also, mit einem flauem Gefühl im Magen eingeklemmt zwischen den anderen Fahrgästen, die uns interessiert, aber nicht ablehnend mustern. Wie illegal der Transport von Touristen in diesen sogenannten Camionetas ist wissen wir nicht, aber es scheint wohl für keinen ein Problem zu sein. Ab und zu steigen ein paar Landbauern mit riesigen Säcken voller Kartoffeln oder Zuckerrüben ein und die stehenden Passagiere müssen noch ein wenig enger zusammenrücken, wobei sie sich an den Metallstangen des Stahlgerüsts festhalten. Am besten kann man die Camionetas wohl mit den Collectivos aus Mazunte vergleichen, bloß in einer deutlich größeren Version.
Plaza, unweit von unserer Casa
Nach zwei Stunden Fahrt erreichen wir schließlich Sancti Spiritus. Wir wissen eigentlich so ziemlich nichts über die Stadt, lediglich die netten Fotos in unserem Reiseführer haben uns dazu gebracht, dieser Stadt einen Besuch abzustatten. Für ein wenig Kleingeld fährt uns einer der Pferdekutschentaxis Richtung Altstadt, eine angenehme Abwechslung nach zwei stündigem Gefangenentransport.
Wieder laufen wir durch eine klassische spanische Altstadt mit relativ frisch gemachten Fassaden. Genau wie Trinidad feiert die Stadt gerade 500 jähriges Jubiläum und hat sich dementsprechend herausgeputzt, allerdings hat sie es irgendwie hingekriegt, ihre Fassaden hässlicher aussehen zu lassen als auf den älteren Fotos in unserem Reiseführer. Am beeindruckenden Rathausplatz der Stadt fragen wir in der ersten Casa nach, diese ist leider nur für Kubaner ausgewiesen. Der Besitzer überlegt lange, sehr lange, weißt uns aber letztendlich doch ab. Nach einigen weiteren Versuchen werden wir letztendlich fündig und nach einigem Verhandeln stimmt auch der Preis. Wir kriegen dieses mal sogar ein ganzes Apartment mit Fernseher und Wohnzimmer vermietet.
Auf der Straße
Ich lege mich aber erstmal mit leerem Magen kompromisslos ins Bett und falle in einen leicht fiebrigen Schlaf, während sich Emilia und Nikolaus etwas in der Stadt umschauen und eine Imbiss Besitzerin mit ihrer Bestellung von gleich 6 Rühreiern mit Brot komplett überfordern. Außerdem finden sie am großen Rathausplatz ein Kino, welches stolz verkündet, am Abend "Conan, der Barbar" zu zeigen. Allerdings nicht das Original mit Arnold Schwarzenegger aus den 80ern sondern eine Neuverfilmung von 2011. Nach ein paar Salzcrackern mit Mineralwasser raffe ich mich am Abend auf und wir kaufen uns für sehr wenig Geld ein Ticket für die Abendvorstellung.
Das Kino, ein ziemlich beeindruckendes Bauwerk aus früheren Zeiten, ist mehr oder weniger leer als wir ankommen. Wir nehmen auf den, an Schulbänke erinnernden, Sitzen Platz und setzen die 3D-Brillen auf, die man uns am Eingang in die Hand gedrückt hat. Der Beamer ist nicht, wie man es normalerweise kennt, hinter den Zuschauerreihen im Vorführraum angebracht sondern steht in der ersten Reihe direkt vor der Leinwand. Wir sehen gerade noch, wie einer der Mitarbeiter an einem Laptop einen USB Stick einsteckt und eine (sehr offensichtlich) illegal heruntergeladene Datei anklickt. Und los gehts.
Da der Beamer offensichtlich nicht für so eine große Leinwand gedacht ist, ist das Bild extrem dunkel, so dass wir uns nach einigen Minuten dazu entschließen, die 3D-Brillen abzusetzen, um wenigstens irgendetwas erkennen zu können.
Die Qualität des Films kann man irgendwo zwischen "Scheiße" und "Richtig Scheiße" einordnen. Conan, der Häuptlingssohn eines Barbarenstammes irgendwo in einer schneereichen Gegend verliert beim Überfall eines bösen, bösen Super-Kriegers seine Eltern und sein Clan ein Fragment eines super-mächtigen Amuletts. Später begibt er sich auf einen super blutigen Rachefeldzug gegen den Mörder seiner Eltern, metzelt alles nieder, was ihm in den Weg kommt und vögelt alles durch, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Der böse böse Super-Krieger versucht mit dem Amulett die Weltherrschaft an sich zu reißen, aber Conan, El Barbaro, metzelt ihm im entscheidenden Moment nieder und die Welt ist gerettet.
Conan, el Barbaro
Besonders beeindruckend ist aber eine Szene: nach der obgligatorischen Sex-Szene mit irgendeiner heißen Lady wacht Conan, El Barbaro morgens auf. Die Kamera filmt ihn, nackig auf dem Bauch liegend von oben und wie durch einen Zufall sticht der Arsch des Hauptdarstellers aufmerksamkeitsheischend ins Bild. Die Vorstellung, wie der Schauspieler vermutlich wochenlang im Fitness-Studio war, um seinen Arsch einigermaßen zu trimmen, bringt uns den Rest des Film durchgehend zum Lachen.
Am nächsten Morgen bleibe ich noch in der Casa, während sich Emilia und Nikolaus die wenigen Sehenswürdigkeiten der Stadt angucken. Schon am frühen Nachmittag kommen beide wieder zurück und wir überlegen uns, wie wir den restlichen Tag nutzen können. Zunächst wollen wir uns wieder ein Internetcafe suchen um wieder nach günstigen Flügen nach Kolumbien zu schauen, aber in der ganzen Stadt ist seit ein paar Tagen das Internet tot. Wir schlagen den Rest des Tages in der Casa mit Lesen tot, bis wir später am Abend uns eins der Restaurants vornehmen, die Nikolaus und Emilia bei ihrem Stadtbummel entdeckt haben und in dem man mit MN zahlen kann. Ich fühle mich zwar immer noch nicht ganz wohl, aber nach zwei Tagen Salzcracker und Wasser halte ich es nicht mehr aus und erkläre meinen Magen für kuriert. Wir setzen uns in das schmucklose Lokal und werden das Gefühl nicht los, gerade einen Fehler zu begehen. Die Kellner beäugen uns merkwürdig, man sieht wohl nicht häufig Touristen hier. Im Gegensatz zum Lokal in Trinidad ist es hier wirklich spottbillig, als der Nebentisch sein Essen bekommt, kriegen wir auch eine ungefähre Ahnung warum. Aber zu spät, wir haben bereits bestellt, ich Reis mit Bohnen, Nikolaus ebenfalls und Emilia eine Hühnersuppe mit "Subproduto de Pollo". Nikolaus merkt nach der Bestellung an, dass er bei diesem Wort ein ziemlich komisches Gefühl im Magen hat, es klingt für ihn nach Hühneraugen- und Füße.
Seine Schätzung ist ziemlich nah am Ergebnis dran. Zwar starren uns keine Hühneraugen an, aber Knochen, Innereien und allerlei schleimiges Zeug schwimmen fröhlich in der gelblichen Brühe. Emilia probiert todesmutig und bricht das Experiment aber schnell wieder ab. Nikolaus und ich essen unseren Reis auf und haben uns nach 1 1/2 Wochen Kuba schon völlig daran gewöhnt, dass beim Kauen immer wieder Sand zwischen den Zähnen knirscht.
Nach diesem vorzüglichen Mal sind wir überraschenderweise immer noch hungrig und besuchen eins der teuren CUC Lokale. Emilia bestellt einen Krabben Cocktail, ich eine Hühnerbrühe (wo in der Karte nichts von "Subproduto de Pollo" steht) und Nikolaus eine Milch-Suppe. Der Krabbencocktail besteht zu 90% aus leicht sauer gewordener Mayonaise und meine Hühnerbrühe ist identisch mit der im Billig-Restaurant. Nikolaus ist schweigend und ohne mit der Wimper zu zucken seine Milch Suppe, während Ich, nach zwei Tagen ohne wirkliches Essen einen kleinen Tobsuchtanfall bekomme.
Wir verlassen schlecht gelaunt das Lokal und merken, dass Kuba zumindest kulinarisch ein absoluter Reinfall ist.
Da uns die Stadt nicht mehr viel zu bieten hat, suchen wir morgen erneut die Busstation auf und fragen uns nach einem Camioneta Richtung St. Clara durch. Wieder haben wir Glück, der nächste, genauso ungemütliche Gefangenentransporter fährt vor und für 20 MN machen wir uns auf nach St. Clara,

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