Sonntag, 1. Februar 2015

16. Etappe - Cienfuegos

Die Fahrt in dem kleinen Taxi geht schnell und sehr schweigsam vor ran. Die Autobahn ist gut ausgebaut und man kommt schnell vorwärts, während die kubanische Landschaft an uns vorbeizieht. Trotz unseres sehr durchwachsenen Starts in Havanna merken wir nun, dass sich die Reise auf jeden Fall gelohnt hat. Die Natur ist einfach traumhaft schön, man kann teilweise von weitem das Meer sehen, ab und zu tauchen am Horizont malerische Berge auf, vor denen sich majestätische Wolkentürme bilden.
Mit der Abenddämmerung kommen wir im Zentrum von Cienfuegos an. Der Ort ist an der Südküste gelegen, soll laut unseres Reiseführers sowohl über eine wunderschöne Altstadt als auch tolle Badestrände verfügen. Zumindest vom Zweitgenannten kriegen wir erstmal wenig mit. Kaum steigen wir aus dem Taxi aus, werden wir von einer kleinen Meute Kubanern befallen, die uns alle die jeweils beste Casa, das beste Restaurant oder den besten Mojito der Stadt zeigen wollen. Ziemlich genervt marschieren wir durch diese Meute hindurch, wobei mir der Fehler unterläuft, meine geliebte Matratze im Taxi liegen zu lassen (sorry, Papa, ein adäquater Ersatz ist bereits besorgt).
Nach kurzer Verschnaufpause geraten wir an ein paar Kubaner, die überraschenderweise sehr gutes Italienisch sprechen und Emilia übernimmt die Verhandlungen. Sie führen uns durch die Stadt, zeigen uns die ein oder andere Unterkunft, deren Besitzer uns die Zimmer zunächst für 20 CUC anbieten, sehr schnell jedoch auf 15 runtergehen. Da uns die Zimmer alle nicht sonderlich zusagen, fragen wir, ob man nicht auch etwas für unter 15 anbieten könnte. Unsere Zimmer-Beschaffungskubaner halten kurz inne, beraten sich untereinander auf Spanisch und führen uns schließlich zu einer Unterkunft eines älteren Mannes. Als dieser hört, welcher Preis uns angeboten wurde, wird er ziemlich unangenehm und man sieht in seinen Augen, dass die beiden Touristenführer ihrer Provision Lebewohl sagen können.
Das Zimmer ist zwar klein, aber hat alles, was man sich von einer Unterkunft wünschen könnte, sprich, zwei Betten, ein Bad und sogar eine große Terrasse. Wir machen uns auf, noch etwas zu Abend zu essen und schlagen uns den Magen mit der kubanischen Straßenpizza voll, die auch hier lächerlich billig ist. Wie schon in Havana fällt uns auf, dass Abends einfach nichts los ist. Wir setzen uns in eine kleine Bar, aber wirkliche Gespräche kann man leider nicht führen. Wir sehen uns eine Weile die Musikvideos von irgendwelchen kubanischen Musikern an, die alle gleich aussehen (Glatze und dicke Sonnenbrille) und deren Songs dazu auch noch alle gleich klingen. Irgendjemand muss wohl ein Melodyne oder Autotune Plugin auf die Insel mitgebracht haben, denn absolut jeder Song wird mit dem berühmt berüchtigten Autotune Effekt zugekleistert, bis die Stimme wie ein Roboter klingt.
Am nächsten Morgen versuchen wir, eine Wäscherei aufzutreiben, werden fündig und stellen uns brav in die Reihe. Nach einigen Stunden Wartens merken wir allerdings, dass man als Tourist nicht sonderlich erwünscht ist. Immer wenn neue Leute kommen, finden wir uns erneut im letzten Glied der Schlange wieder. Nach einer Weile wird uns das zu bunt und wir suchen uns eine andere.
Die nächste Wäscherei besticht schon durch seine ziemlich einmalige Einrichtung. In einem riesigen Gebäude, vermutlich eine alte Markthalle (auf jeden Fall muss sie früher mal ziemlich schick und bedeutend ausgesehen haben) stehen einige Waschmaschinen und Trockner in Reihe. Die Wäsche wird uns freundlich abgenommen, gewaschen und getrocknet und wie selbstverständlich fehlen danach wieder ein paar T-Shirts und Hemden. Stört uns nicht großartig, da wir für die Prozedur nur etwa einen Euro gezahlt haben.
Einkaufsstraße in Cienfuegos
Wir laufen Richtung Hafen, wo wir uns auf einer Bank nieder -und uns von den Strahlen der untergehenden Sonne wärmen lassen. Dort machen wir die Bekanntschaft mit Hassan aus Kreuzberg ("Ich weiß, Klischee bestätigt" gibt er schmunzelnd zu).
Wir
Er ist gerade erst in Kuba angekommen, nachdem er sein Wirtschaftsingenieursstudium über den Haufen geschmissen hat. Direkt nach seiner Ankunft ist er auf einer Parkbank in Havana eingeschlafen, wo ihm erstmal sein kleinerer Rucksack mit lauter Reiseführern, Kochgeschirr und anderem nützlichen Zeug geklaut worden ist. Kein tragischer, aber dennoch nerviger Verlust. Er will die ganze Karibik abreisen, komplett alleine und wesentlich abenteurerischer als wir. Wir verabschieden uns mit der Gewissheit, uns in Kuba noch ein paar Mal wiederzutreffen und gehen zurück Richtung Innenstadt.
Den Rest des Nachmittags verbringen wir in einer Bar, wo wir die Zeit mit dem Kartenspiel "Arschloch" totschlagen, welches wir in der nächsten Zeit so ziemlich in ganz Kuba spielen werden. Während wir vor uns hinspielen, rauchen und trinken werden wir ungefragt von einem kubanischen Straßenkünstler gemalt. Die Zeichnung ist derartig gelungen (s. Foto), dass wir ihm drei ganze CUC dafür geben.
Wir machen uns auf die Suche nach etwas Essbarem. Wir setzen uns in eins der Touristenlokale, also Restaurants, in denen man ausschließlich in der teuren Währung bezahlen kann und hoffen, etwas mehr Qualität zu erhalten als bei den immer noch spottbilligen, aber geschmacklich ziemlich faden Straßenpizzen.
Der Plaza in Cienfuegos
Nikolaus bestellt sich eine Portion Reis und bekommt ungefragt einen Berg Fleisch dazu serviert. Garnelen, Schinken (der diese Bezeichnung eigentlich nicht verdient, da es sich wenn überhaupt um ekliges Pressfleisch handelt), Hühnchen und noch etwas, was wir nicht identifizieren können liegen im Reis verteilt, sind aber absolut ungenießbar. Mein Essen ist nicht richtig durchgekocht und schmeckt einfach nicht frisch. Halb aufgegessen verlassen wir unsere Mahlzeit und fühlen uns damit nicht wohl, da dieses Essen für Kubaner vermutlich unerschwinglich ist. Auch die Inneneinrichtung wirk
te gekünstelt. Uns schwarnt mehr und mehr, dass unsere Vorstellung von Urlaub, mit dem Rucksack einfach ohne Plan unterwegs zu sein, hier ziemlich schwierig wird. Das Land ist auf diese Art des Tourismus offensichtlich nicht ausgelegt, sondern vielmehr auf Menschen, die es sich richtig gut gehen lassen wollen und kein Problem damit haben, eine vorgeheuchelte Schönheit präsentiert zu bekommen.
Am nächsten Morgen treffen wir bei einem Infopoint zufällig auf ein paar Deutsche, Richard und Christina, die zurzeit einen zweiwöchigen Urlaub auf Kuba verbringen. Wir fragen sie, ob wir nicht am Nachmittag zusammen zum Strand fahren wollen, kurz darauf sitzen wir in einem Taxi Richtung Küste. Im Gegensatz zur mexikanischen Karibik oder Pazifik ist das Wasser diesmal nicht wellig und grob sondern extrem ruhig. Man hat fast das Gefühl, als würde man in einem See schwimmen als im Meer.
Als wir da waren, war der Strand allerdings menschenleer
Unsere beiden Begleiter sind sehr angenehm. Sie staunen beide nicht schlecht über unsere Reise, über unseren Mut. Zwar sind sie selber nicht viel älter als wir, haben so eine Reise aber selber nie gemacht, bzw. auch im Bekanntenkreis kennen sie niemanden, der solch eine Reise auf sich genommen hat.
Etwas später taucht noch Hassan wieder auf, der diese Nacht mit seiner Hängematte zwischen den robusten Sonnenschirmen verbringen will. Romantisch schauen wir dem Sonnenuntergang zu und fahren mit einbrechender Dunkelheit wieder Richtung Stadt.
Da keiner von uns Lust auf weiteres Strassenessen hat, gehen wir in eine der kubanischen Schnellrestaurants, Dinos genannt und zumindest das Design des Schriftzuges erinnert einen stark an die amerikanische Kette Dominos. Von den  Erfahrungen der letzten Tage beeinflusst, bestellen wir uns alle drei nur noch Pommes. Das Lokal befindet sich in einem potthässlichen Neubau, vermutlich ein ehemaliges Verwaltungsgebäude. Wir sind die einzigen Gäste und fühlen uns relativ alleine. Umso mehr haben wir davor die Gesellschaft von Richard, Christina und Hassan genossen, da es sehr schwer ist, Kontakt zu anderen Touristen zu finden. Unsere Casa verfügt nur über ein Zimmer, dementsprechend sind wir die einzigen Gäste.
Die nächste Etappe steht aber bereits fest. Von allen Leuten, die davor Kuba bereist haben, wurde uns immer wieder Trinidad empfohlen, eine kleine und sehr alte Stadt in der Nähe der Küste. Wie viele andere kubanische Städte gehört auch Trinidad zum Weltkulturerbe.
In Ermangelung an günstigeren Alternativen nehmen wir uns wieder ein Taxi und rauschen durch die malerischen Landschaften in Richtung nächstes Abenteuer.

Paul


Che Werbung in Cienfuegos


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