Montag, 29. Dezember 2014

10. Etappe - Mazunte

Schweren Herzens verlassen wir das geliebte Puerto Escondido. Anstatt jedoch wie zuvor, langweilig mit den teuren Touristenbussen zu fahren, legen wir die recht kurze Strecke in einem lokal Bus, oder auch "Bus zweiter Klasse" zurück.
Diese unterscheiden sich völlig von den normalen Touristenbussen. Statt Klimaanlage bleibt zum Beispiel die Bustür einfach während der gesamten Fahrt offen. Und nachdem man dem Busfahrer den verschwindend geringen Preis in mexikanischen Pesos bezahlt hat, setzt man sich zwischen einem Haufen Schrott, Ersatzreifen und Gemüsesäcken, auf die verstümmelten Plastiksitzreihen, macht es sich soweit wie möglich gemütlich und lässt sich von lauter Salsa zudröhnen, welche dauerhaft aus den selbst angebrachten Boxen schallt.
Und während der Busfahrer mit aller Kraft in die Pedale tritt, an der rostigen langen Metallstange die in Mitten des Eingangsbereiches aus dem Boden ragt, einen Gang nach dem anderem reindonnert und vergnügt die dröhnende Salsamusik mitsingt, genießen wir dir vorbeiziehende Landschaft und rücken schnell auf unser diesmal nicht sehr weit entferntes Ziel "Mazunte" zu.

Paradies
Angekommen, betreten wir eine Art Paradies. Die Kleinstadt, oder besser gesagt das Dörfchen Mazunte liegt, wie auch Puerto Escondido, direkt an der mexikanischen Südküste, besteht aus einer Menge kleiner typisch mexikanischen Häusern, Palmen und kilometerlangen weißen Sandstränden.
Nachdem wir einen kurzen Augenblick zum Staunen nutzen, machen wir uns auf den Weg zu einem zuvor im Internet rausgesuchtem Hostel namens "La Isla".
Das Hostel ist zwar mit einem Preis von 100 Pesos pro Nacht (5.80€), nicht unbedingt günstig, liegt jedoch in der Nähe des Strandes und hat einen Zeltplatz, welcher uns sehr gelegen kommt, da wir endlich zum ersten Mal unser, in New Orleans gekauftes zwei Mann Zelt ausprobieren können. Paul und Emilia teilen sich also ein Bett, während ich es mir in dem 25$ Walmart-Zelt gemütlich mache.

Noch mehr Paradies
Wie schon in Puerto Escondido, verfügt auch "La Isla" über eine eigene Bar, in der wir neue Bekanntschaften schließen. Darunter zwei Österreicherinnen, einen ehemaligen amerikanischen Kellner aus New York namens Kyle und Daniel, einen verrückten deutschen Backpacker, der seit Monaten in Mexiko rumhängt weil ihm das Leben in Deutschland seinen eigenen Worten nach, schlicht und einfach auf den Sack ging.
Mit dieser Gruppe verbringen wir die ersten Tage in Mazunte. Tagsüber faulenzen wir am Strand, essen schmackhaftes Gebäck und frisch gepresste Säfte, besteigen Abends Anhöhen um beeindruckende Sonnenuntergänge zu betrachten und setzen uns Abends im Hostel mit anderen Reisenden zusammen, trinken Bier und tauschen Reisegeschichten aus.
Daniel und wir beim Sonnenuntergang genießen

Der Amerikaner namens Kyle war zum Beispiel in einem schickem New Yorker Restaurant Kellner. Sein Verdienst von 5$ pro Stunde klingt zwar nicht sonderlich üppig, erhöht sich jedoch aufgrund der ausgeprägten Trinkgeld-Kultur der USA auf anständige 50$, bzw. an guten Tagen sogar weit mehr als das. Dies ermöglichte ihm nicht nur ein sehr angenehmes Leben in New York, sondern reicht sogar dafür, sich einen eigenen Traum zu erfüllen und ein eigenes Lokal in seiner Heimatstadt Austin, Texas zu eröffnen! Vorher bereist er allerdings noch ein bisschen Mexiko und lässt es sich gut gehen.
Es geht lustig zu in Mazunte. Das Hostel gibt eine große Party, bei der wir zuerst staunend die salsatanzenden Mexikaner betrachten und uns erst nach ein bisschen Mutantrinkens trauen, mit ihnen bis tief in die Nacht das Tanzbein zu schwingen.
Der "weiße" Berg
An einem anderem Tag buchen wir für etwa 10€ pro Person einen Bootstrip in die Meeresumgebung Mazuntes, aus der wir uns zum Beispiel den "weißen Berg" zeigen lassen, ein Fels der aus den Wassern vor der Küste Mazuntes ragt. Seinen Namen trägt er, weil sich alljährlich Massen von Vögeln auf ihm niederlassen. Es bleibt dem Leser überlassen, zu überlegen, woher der Berg also seine weiße Farbe bekam.
Desweiteren fahren wir raus aufs Meer, um mit Delfinen zu schwimmen und finden uns plötzlich in Mitten einem riesigem Schwarm von hunderten von Delfinen wieder.


So mancher Kindsheitstraum ging in diesem Moment bei wahrscheinlich vielen Passagieren in Erfüllung, uns eingeschlossen.
Zum Abschluss dieses unglaublichen Ausflugs, betrachten wir noch eine Meeresschildkröte, von der sich Paul fast die Nase abbeißen lässt, und schnorcheln in einem recht kleinem Korallenriff. Alles in allem also ein gelungener Ausflug.

Und während in diesem Stile die Tage ins Land ziehen, nähert sich ein großes Event. Mazunte ist nämlich nicht nur das Paradies auf Erden, sondern auch noch Veranstaltungsort eines alljährlichen Jazzfestivals, welches zufälliger Weise genau während unseres Aufenhaltes stattfindet.
Der einzige Nachteil daran ist jedoch, dass sämtliche Hostels hierfür kräftig die Preise hochschrauben, was uns und unserem kleinem Budget natürlich gar nicht gefällt. Wir suchen also nach einem alternativem Schlafplatz und sind wiedereinmal glücklich, Daniel kennengelernt zu haben, da dieser uns prompt zu einem Campingplatz verweist, der nicht nur lächerliche 40 Pesos pro Person kostet (etwa 2,50€), sonder auch noch direkt auf dem Strand liegt.
Wir verlassen also unsere erste Unterkunft, packen unsere Sachen und wollen schon aufbrechen, als uns einfällt, dass wir ein kleines Bargeldproblem haben. Aber nichts leichter als das! Ich hole schnell meine Kreditkarte, und mache mich auf zum einzigen Geldautomaten in Mazunte. Dieser entschied sich jedoch, gerade an diesem Tage den Dienst zu versagen und spuckt glücklich Fehlermeldungen verschiedenster Art aus.
Ziemlich blöde Situation, wenn man eine hohe Rechnung bezahlen muss. In diesem Moment begegne ich jedoch glücklicherweise mal wieder unserem Freund und Helfer Daniel, welcher mir mitteilt, dass ich einfach ein mexikanisches Colectivo in die nächste Stadt nehmen muss.

Und so beginnt meine erste Fahrt, mit dem wohl besten und spannenstem mexikanischem Fortbewegungsmittel. Empfand man die Busfahrt nach Mazunte schon als Strapatze, so sind Colectivos das nächste Level. Man stelle sich einen normalen Pickup vor, montiere einen Stahlkäfig auf die Ladefläche und zimmere kleine Holzbänke hinein. Für sieben Pesos (0.35 €) hüpft man hinten auf die Ladefläche und kann, wenn man Glück hat auf den Holzbänken Platz nehmen. Alternativ ist man gezwungen, sich auf die Hinterstoßstange zu stellen, und halt an dem Stahlkäfig zu suchen.
So verbringe ich also die nächsten 20 Minuten auf einer Stoßstange, festgeklammert an einem Stahlkäfig, während der mexikanische Fahrer durch die bezaubernde Küstenlandschaft Mexikos heizt.
All das nur, um im Nachbarort angekommen, mitzuerleben, wie während ich vorm Automaten meine Kreditkarte zücke, zeitgleich der Strom in der gesamten Umgebung ausfällt. So kommt es, dass ich nach einem verpasstem Vormittag und einer weiteren Colectivofahrt (diesmal mit Sitzplatz), nach drei Stunden Reise, doch noch erfolgreich mit Bargeld zurück komme.
Statt wie zuvor eine Person zu beherbergen, muss unser 25$ Walmart-zwei Personen-Zelt diesmal drei Menschen Unterkunft bieten. Es wird also ein wenig kuschelig.

Am Folgetag beginnt das groß angekündigte Mazunte Jazzfestival. Überall gibt es Bier, mexikanisches Streetfood und natürlich eine große Bühne, auf der Abends die wichtigsten Konzerte laufen. Der Eintritt ist natürlich frei. Und während wir schon denken, dass es nicht viel besser als das werden kann, läuft uns am Strand eine große Truppe aus alten Bekannten, aus Puerto Escondido über den Weg. Man begrüßt sich, tauscht kurz aus was in der zwischen Zeit passierte, geht gemeinsam essen und lässt sich am Abend zusammen ordentlich volllaufen. Auch dabei schließen wir wieder neue Bekanntschaften mit Reisenden, deren Geschichten uns staunen lassen.
Zum Beispiel treffen wir einen Australier, dessen Lebensinhalt sich darin erfüllt, den ganzen Tag am Strand zu liegen, Gitarre zu spielen und Abends mit anderen Bier zu trinken. Früher, vor ein paar Jahren, war er auch auf der Durchreise, verlor aber in Mazunte seinen Pass und war zu faul, sich mit Strapatzen der Neuanschaffung auseinander zu setzen. Deshalb blieb er einfach in Mazunte und lässt sich nun tagtäglich die Sonne auf den Bauch scheinen, und versteckt sich vor der Polizei.
Und so kommt es, das auch die Festivaltage dahin ziehen. Tagsüber wird gemütlich ausgeschlafen und am Strand gelegen, während man sich Abends mit der stetig wachsenden Gruppe von befreundeten Reisenden vor der Bühne des Festivals trifft, die am Ende nicht nur fast sämtliche Bekannte aus Puerto Escondido, sondern auch den Hostelhund einschließt.

Als dann irgendwann doch schließlich das Festival endet, herrscht Aufbruchstimmung in der gesamten Stadt. Die Colectivos sind zum bersten voll und die Taxis heizen durch Mazunte um die Massen zu den nächstliegenden Busbahnhöfen zu schaffen. Wir haben diesem ganzen Trubel etwas verschlafen und ein wenig unterschätzt, weswegen wir erstmal ganz gemütlich unser Zelt zusammenpacken und erst Nachmittags abfahrbereit sind. Ziel ist ein nahe liegender Ort, von wo wir einen Bus in die hochgelobte und empfohlene Bergstadt "San Cristobal" nehmen wollen.
Mit Glück bekommen wir in Mazunte noch einen Transport und verbringen die Fahrt in einem altem VW-Bus, der mit offener Seitentür zu unserem vorläufigem Zielort fährt, während der Fahrer lauten mexikanischen Bluesrock hört, und wir hinten, in Begleitung von zwei anderen Reisenden auf unseren Gepäckstücken Platz nehmen.
Angekommen am Busbahnhof, zeigt sich der Fehler unserer Planung. Die beiden Busse Richtung San Cristobal sind seit Wochen, wegen des Festivals ausgebucht. In dem Moment bieten sich uns folgende zwei Möglichkeiten. Entweder suchen wir uns eine Unterkunft in der Umgebung, welche jedoch recht unspektakulär und langweilig scheint, oder wir hoffen darauf, dass ein paar der Passagiere nicht rechtzeitig erscheinen, und wir ihr Busticket übernehmen können.
Wir entscheiden uns für letzeres und haben unglaubliches Glück. Wir besteigen also den Bus nach San Cristobal, und versinken dankbar für unser Glück, in den gemütlichen Sitzen des Busses.

Am Busbahnhof machten wir während unser Wartezeit noch Bekanntschaft mit einem ehemaligem Lehrer aus Missouri, der uns Aufgrund seiner beeindruckenden Sandalen bereits vorher aufgefallen ist. Er ist Fotograf und verdient momentan seinen Lebensunterhalt mit den Fotos, die er aus seinen Reisen macht. Dank seiner Sandalen taufen wir ihn schlicht und einfach "Sandals-Man", da wir noch nie gut mit Namen waren.

Nikolaus

Lustig gings zu in Mazunte





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