Auch wenn der Bus, der uns über Nacht von Oaxaca nach Puerto Escondido fährt über einen angenehmen Standard verfügt, unterschätzen wir die gewaltigen Kurven, die diese Strecke zu bieten hat. An vernünftigen Schlaf ist nicht zu denken, und soweit man eine Weile die Augen zu macht, rumort es gewaltig im Magen.
Völlig kaputt erreichen wir Puerto Escondido in den frühen Morgenstunden und laufen zu dem Hostel, über welches wir uns bereits im Vorfeld informiert haben. Nach dem Einchecken ist es endlich soweit. Wir baden alle zum ersten Mal im pupswarmen Pazifik und werden von den gewaltigen Wellen brutal umgehauen. Bereits ein paar Tage später führt eine dieser teilweise nicht vorhersehbaren Monsterwellen meine Umhängetasche spazieren und zerstört dabei mein geliebtes Handy. Der Ort ist bei Surfern wegen seiner 6 Meter hohen Wellen enorm beliebt und wir liebäugeln tatsächlich für eine Weile damit, einen Surfkurs zu machen.
So wunderschön der Strand auch ist und so doll die Sonne auch scheint: all das kann nicht wirklich darüber hinwegtrösten, dass Puerto Escondido ein an sich ziemlicher hässlicher Ort ist. Ein unförmiger Betonblock reiht sich an den anderen und Bauruinen zerstören die Idylle.
Auf dem Rückweg vom Strand laufen wir zufälligerweise an einem Café vorbei, deren Besitzerin sich als Schweizerin herausstellt. Sie gibt uns einige wichtige Tipps über den Ort, rät uns, an der Pazifikküste zu bleiben, da es viel günstiger und auch ruhiger zugeht als in der Karibik.
Zurück im Hostel freunden wir uns mit Nina, einer Stuttgarterin an, die bereits einige Zeit durch Südamerika gereist ist und Mexiko nutzt, um ihre Reise in Ruhe ausklingen zu lassen.
Nachdem wir eine unschöne Nacht in einem nicht durchlüfteten und heißem Schlafsaal ohne Fenster, dafür mit Wellblechdach verbracht haben, beschließen wir zu viert, das Hostel zu wechseln.
Vorher holen wir aber noch unsere Wäsche in einer der Wäschereien ab, welche an und für sich schon eine Attraktion sind. Wer wie in Deutschland einen Waschsalon zum Selberwaschen erwartet, wird sich wundern. Die Wäschereien bestehen in Mexiko meistens aus einer Frau mit Waschmaschine, die die Wäsche über Nacht wäscht und trocknet und einem am nächsten Morgen perfekt gefaltet und angenehm duftend zurückgibt. Der Nachteil ist allerdings, dass meistens immer irgendwelche Wäsche verloren geht und die Anzahl der T-Shirts und Unterhosen merklich nachlässt. Das stört aber nicht sonderlich, das es einem wie aus dem Nichts einen leichteren Rucksack und mehr Platz für Souvernirs beschert.
Wir fahren also zu viert mit unserm Gepäck und unserer kompletten Wäsche in einem kleinen Taxi durch die brütend heiße Stadt zum Hostel TowerBridge.

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Das Schicksalsrad |
In der Bar ist ein großes Rad angebracht, welches in gefährlicher Regelmäßigkeit gedreht wird. Die Felder zeigen dann lustige Aktionen an, die der Drehende ausführen muss. Dies führt dazu, dass wir nach wenigen Minuten zwischen halbnackten, knutschenden, nackt in den Pool springenden und anderweitig sich danebenbenemenden Menschen befinden. Besonders einer der Barmitarbeiter, ein Kalifornier namens Brandon hat an dem Spiel seine wahre Freude und feuert alle an, dass Rad immer weiter zu drehen. Spät am Abend verlassen wir noch das Hostel zu einer Halloweenparty am Strand, deren Höhepunkt für uns darin besteht, dass "Deine Augen machen
Bling-Bling" von Seed gespielt wird.
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Obstmarkt |
Während Nikolaus und Emilia fleißig am Pinseln sind, lieg ich über den Vormittag noch flach, da mich nun doch Montezumas Rache ereilt hat und ich mich nun abwechselnd zwischen Bett und Bad bewege.
Nach zwei Tagen Streichen ist die Wand fertig und Inge begeistert. Wie aus dem Nichts fallen ihr noch weitere Sachen ein, die zu streichen sind und so werden aus den locker geplanten paar Tagen Aufenthalt schnell 1 1/2 Wochen.
Dabei ist die Arbeit genauso abwechslungsreich wie die Gäste des Hostels, mit denen wir uns anfreunden. Tagsüber streichen wir Wände oder helfen an der Rezeption aus, nachmittags gehen wir zum Strand zum Schwimmen und am Abend prosten wir Canadiern, Australiern, Amerikaner, Chilenen, Briten, Argentiniern, Franzosen und natürlich Deutschen zu und nach einigen Tagen bildet sich ein richtig familiäres Gefühl unter Mitarbeitern und Hostelgästen. Der Gedanke, alle letztendlich dasselbe zu machen und zu wollen, nämlich zu reisen und ohne an ein festes Rückkehrdatum gebunden zu sein, verbindet enorm schnell.
Doch Puerto Escondido hat noch mehr zu bieten als Surfen und Saufen.
Wie uns die Schweizerin empfohlen hatte, buchen wir für wenig Geld eine Bootstour in einer Lagune nahe der Stadt. Dort gibt es ab und zu im Jahr ein fantastisches Naturschauspiel zu sehen, welches man nur an ein paar Plätzen dieser Welt bestaunen kann. Wenn sich das Süßwasser der Lagune mit dem Meerwasser vermischt, der Mond gerade richtig steht und sowohl Luft-als auch Wassertemperatur stimmen, bilden sich im warmen Lagunenwasser biolumineszente Algen, die bei Kontakt mit Sauerstoff hell aufleuchten.
In absoluter Dunkelheit (man hat meistens ein kurzes Zeitfenster, da der Mond noch nicht aufgegangen sein sollte) besteigen wir ein kleines Motorboot mit einigen anderen Leuten unseres Alters und tuckern in ruhigem Tempo auf den dunklen See hinaus. Der Bootsführer ist sich der Dramatik absolut bewusst und lässt wie nebenbei fallen, dass es ja in dieser Lagune auch Krokodile gibt, wenn man weiß, wo man sucht.

Ebenfalls erwähnenswert ist aber noch ein großer internationaler Surferwettbewerb, dem wir vom Strand aus beiwohnen. Besonders spannend wiederum ist der anschließende Bikini-Contest, der ganz im Zeichen einer Schwedin steht, die sich spontan dazu angemeldet hat. Auch wenn diese für unsere europäischen Augen nicht sonderlich hübsch ist, flippen die Mexikaner wegen ihrer hellen Haut und ihren blonden Haaren fast aus und sie belegt den zweiten Platz mit einem Preisgeld von 3000 Pesos. Das ist in der Tat etwas ärgerlich für die anderen mexikanischen Teilnehmerinnen, bedeuten für diese 3000 Pesos durchaus etwas, während es für eine Schwedin eher ein netter kleiner Zuverdienst ist.
Nach diesen intensiven 1 1/2 Wochen fällt der Abschied enorm schwer, da man mit vielen Leuten relativ eng zusammengerückt ist und sich eine kleine, familiäre Gemeinschaft herauskristalisiert hat.
Unser nächstes Ziel ist nicht sehr weit entfernt. Mazunte kann man mit einem lokalen Bus in relativ kurzer Zeit erreichen, liegt ebenfalls an der Pazifikküste und soll, im Gegensatz zu Puerto Escondido nicht von Surfern überrannt sein sondern eher den traditionellen, konservativen Tourismus führen.
Wir besteigen also einen alten weißen Bus, der wohl mal von Mercedes gebaut worden ist und fahren weiter ins nächste Paradies.
Paul
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Merkwürdige Füße am Strand |
Lieber Paul, was Du so schreibst, ist ja wohl das Irrste, Lustigste, Spannendste und Tollste! Und das Unglaubliche ist, dass Duuu das wirklich erlebst! Wobei ich Dir ja glatt zutrauen würde, das alles zu erfinden. Man hat so das Gefühl, Ihr surft auf Eurer eigenen Reisewelle souverän durch die Welt- da habt Ihr einen Surfkurs natürlich nicht nötig. Wenn so der Auftakt zu Eurem Leben als Erwachsene Menschen aussieht, dann werden wir ja wohl im Alter immer gute Unterhaltung haben. Vielen Dank für dieses Lesevergnügen und die schönen Bilder!
AntwortenLöschenIch drück Dich ganz fest
Mama