Montag, 26. Januar 2015

14. Etappe - Tulum

Wir erreichen Tulum in der Abenddämmerung. Nach einem erfrischendem Kaffee in einer Bar, welche mal wieder von einer Deutschen geführt wird, machen wir uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Daniel hatte uns mal wieder über Facebook Tipps gegeben und uns den Campingplatz Maya Luum empfohlen, der direkt am Strand liegt.
Nach Merida, mit seinen strahlenden Häuserfassaden und großen Plätzen ist Tulum eine ziemliche Umstellung. Der Ort besteht aus einer einzigen, sehr breit angelegten Straßen, an deren Breiten sich Geschäfte, Restaurants und Bars befinden. Es ist eine absolute Touristenstadt, allerdings sehr viel angenehmer als beispielsweise in Palenque. Der wirkliche Touristenort liegt allerdings noch ein paar Kilometer weiter von der Stadt weg. Am Strand zieht sich eine ewig lange Straße durch den Urwald, gesäumt von teilweise enorm teuren Hotels. Und genau dort liegt unser Campingplatz. Fünf Kilometer vom Ort entfernt. Es ist dunkel und wir sind müde.
Pueblo Tulum
Nichtsdestotrotz laufen wir optimistisch die große Allee hinunter zu der Kreuzung, wo sich die Abfahrt zur Hotelzone befindet. Wir merken jedoch schnell, dass es weder Busse noch sonstige öffentliche Verkehrsmittel gibt, die uns um diese relativ späte Uhrzeit noch dorthin bringen. Einige Taxis bieten sich uns breit grinsend an, doch der Preis ist uns zu hoch. Ein zufällig vorbeikommender Schwede rät uns, einfach zu trampen, er kennt den Campingplatz, wohne dort selber und sagt, es sei hier sehr einfach mitgenommen zu werden. Da wir jedoch alle drei enorm hungrig sind, beschließen wir erstmal etwas zu essen und laufen einige Meter zurück, wo wir eins der berühmten chinesischen Lokale entdeckt haben. Zwar ist die Qualität dieser Mahlzeiten in Mexiko mit minderwertig noch schmeichelnd umschrieben, allerdings sind sie auch so billig und sättigend, dass wir nicht lange überlegen und uns kräftig den Magen vollhauen. In diesem Lokal lernen wir eine ältere Amerikanerin kennen, die schon einige Zeit in Tulum lebt. Sie rät uns davon ab, um diese Uhrzeit noch in die Hotelgegend zu fahren, da der Campingplatz über kein Licht oder andere Elektrizität verfügt. Auch erzählt sie uns ein paar Gruselgeschichten über Anhalter, denen in der Dunkelheit unschöne Dinge zugestoßen sind. Sie empfiehlt uns für diese Nacht noch ein Hostel im Ort zu suchen und lässt uns verwirrt zurück.
Wir nehmen ihren Rat an und machen uns auf zur Hostelsuche. Wie schon in Palenque sind wir von den Hostelpreisen ziemlich entsetzt. Merke: wer günstigen Urlaub in Mexiko machen möchte, ist an der Pazifikküste besser aufgehoben (die, im Nachhinein betrachtet, auch schöner ist).
Während wir also mit unseren schweren Rucksäcken vor uns hinlaufen, kreuzen sich die Wege mit den Österreicherinnen, die wir bereits in Mazunte kennengelernt haben. Sie empfehlen uns ihr Hostel, das den Namen "The weiry Traveller" trägt und wir laufen ihnen nach.
Wäre das Hostel nicht so teuer gewesen, vermutlich hätten wir noch die ein oder andere Nacht dort verbracht. Das Hostel ist annähernd ausverkauft, umso ausgelassener ist die Stimmung in der großen Hostel Küche. Wieder treffen wir auf haufenweise Deutsche, Amerikaner, Kanadier und natürlich Australier, mit denen wir einen witzigen Abend verbringen. Am eindrucksvollsten war allerdings die Bekanntschaft mit einem etwas älteren Deutschen aus Aschaffenburg. Nikolaus, der selber seine Kindheit in Hessen verbracht hat, freut sich sehr, den hessischen Akzent irgendwo in der Karibik zu hören. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, war er sogar schon mal in der Kneipe von Nikolaus Mutter gewesen, die in einem kleinen, ruhigen Kaff in der Nähe von Frankfurt liegt, also derartig abgeschieden, dass man nicht unbedingt erwartet, in Tulum jemanden zu treffen, der dort schon mal war. Auch sein Beruf ist sehr interessant. Erst stellt er sich als freischaffender Künstler und Fotograf vor, etwas später gibt er zu, das meiste Geld mit Werbung zu verdienen. Und zwar größtenteils damit, Bierflaschen zu fotografieren. Als ich ihn frage, ob es sein kann, dass ich schon mal ein Bild von ihm gesehen hab, antwortet er mit "Ja, auf jeden Fall". Nachdem wir uns noch über die Form der Corona-Flaschen unterhalten haben, die er völlig unförmig und unfotogen findet, fallen wir alle müde ins Bett.
Campingplatz Mayalum
Am nächsten Morgen nehmen wir den Rat des Schweden an und stellen uns gegen Mittag an die Straße zur Hotelzone. Wir warten genau 5 Sekunden, bis uns ein alter VW Bus mitnimmt, der einer alternativen Familie gehört. Wir machen es uns, so gut es geht in dem kleinen Bus gemütlich, schubsen die beiden Hunde etwas zur Seite und fahren, im heißen Wagen, die paar Kilometer zur Hotelzone.
Der Campingplatz Mayalum passt überhaupt nicht zu den übrigen Hotels und Unterkünften, die sich in der Straße angesiedelt haben. Das beginnt schon beim Preis. Kosten einige der Hotels um die 100 Dollar, handeln wir den Besitzer des Campingplatzes relativ schnell auf 100 Pesos pro Person runter (ca. 6€). Zwar ist das immer noch deutlich mehr im Vergleich zu unseren letzten Campingerfahrungen in Mazunte, wo wir nur 40 Pesos bezahlt haben, doch haben wir nun auch eine richtige Küche, die in den folgenden Tagen von uns viel in Beschlag genommen wird.
Der Campingplatz wird sehr ökologisch und umweltbewusst geführt. Während die meisten der Hotels das Wasser aus den umliegenden Flüssen und teilweise auch aus den Cenotes benutzen, nutzt der Campingplatz riesige Wassertanks, die alle paar Tage gefüllt werden. Der Strom kommt aus Solarzellen und wird mit zwei dicken Autobatterien gespeichert. Das führt allerdings auch dazu, dass Abends relativ schnell das Licht ausgeht und man mit der Dunkelheit vorlieb nehmem muss.
Wir stürzen uns ins karibische Meer, wo uns ein Schwarm Algen schon freudig erwartet. Das Badeerlebnis ist also etwas eingeschränkt, was uns aber nicht großartig stört.

Die nächsten drei Tage verbringen wir mit Baden, in der Sonne liegen und abends bei Bier und Gitarrenmusik beisammen sitzen und mit den anderen Reisenden unterhalten. Falls wir in die Stadt müssen, bspw. zum Einkaufen oder weil wir Internet brauchen, stellen wir uns an die Straße und warten. Meistens dauert das ein paar Minuten, bis man mitgenommen wird, lediglich bei Dunkelheit wird es deutlich schwieriger, mitgenommen zu werden. Leider dauern die Fahrten immer nur ein paar Minuten, weshalb man nicht wirklich tief ins Gespräch kommt, doch selbst der kurze Smalltalk macht extrem viel Spaß. Am besten sind aber die Fahrten in den großen Pickups, wo man sich einfach auf die Tragefläche setzt oder stellt und sich, in seiner Deutschen Seele zumindest, sehr sehr böse fühlt.
Besonders die Mitarbeiter des Campingplatzes sind sehr unterhaltsam. Einer von ihnen hat die Angewohnheit, sich jeden Abend ordentlich wegzuhauen und uns dann in seiner enthusiastischen Art nach deutschen Vokabeln zu fragen. "What is this in german?" hallt es in regelmäßigen Abständen über den dunklen Campingplatz, der durch den Vollmond aber derartig erhellt wird, dass man keinerlei Licht braucht.
Auch er hat eine interessante Vergangenheit. Nachdem er in Mexiko City lange einen offensichtlich schnarchlangweiligen Bürojob hatte, ist er irgendwann mehr oder weniger abgehauen und lebt nun seit drei Jahren in verschiedenen Orten und Gegenden Mexikos.
Biderbuchstrand
Nach 5 Monaten in Puerto Escondido, wo er in einer Bar gearbeitet hat, ist er, ähnlich wie wir, nach San Christobal weitergefahren. Eigentlich war dies nur als Zwischenstation gedacht, hatte er sich doch mit Freunden auf den Isla Mujeres in der Karibik verabredet. Nach dem Motto "Geht schonmal vor, ich komm in ein paar Tagen nach" ist er in San Christobal in einem Hostel eingecheckt. Schon bald hat er dort gearbeitet und so wurden aus den paar Tagen ein ganzes Jahr. Irgendwann schien im doch eingefallen zu sein, was eigentlich der Plan war und schrieb einem seiner Freunde bei Facebook, ob er noch auf den Isla Mujeres sein. Als Antwort schickte dieser Freund nur ein Bild von seinem frisch geborern Sohn.
Nach drei Tagen des vor sich hin Vegetierens fangen wir an, über unsere weiteren Reisepläne nachzudenken. Der Flughafen von Cancun bietet Flüge nach Kuba an und ist nicht weit entfernt. Wir suchen im Internet und finden den günstigsten Flug für übermorgen. Wir fangen an zu überlegen, abzuwägen und die Einreisebestimmungen für Kuba durchzulesen. Zwingend notwendig ist eine Auslandskrankenversicherung, die wir alle vorlegen können, allerdings nur auf Deutsch, bzw. Nikolaus gar nicht, da ihm das Schreiben erst zugestellt wurde, als er bereits auf Reisen war. Außerdem wird von allen Seiten dringend darauf hingewiesen, dass man für die Einreise zwingend ein Rückflug- bzw. weiterführendes Ticket braucht. Nach einigen Überlegungen fällt die Entscheidung auf Kolumbien. Wir suchen also nach Flügen von Kuba nach Kolumbien und finden Flüge für 120€ über Weihnachten oder Silvester. Wir können unser Glück kaum fassen und buchen wild drauflos. Zunächst die Flüge von Cancun nach Havana mit Emilias Kreditkarte, die einzige, die ihr Monatslimit noch nicht ausgefüllt hat und anschließend von Havana nach Bogota.
Dachten wir. Denn nun ist das Limit erreicht und eine andere Form der Bezahlung außer über Kreditkarte geht nicht. Nicht schlimm, sagen wir uns selbst, dann fragen wir Nikolaus Vater, ob er uns morgen nicht über seine Kreditkarte die Flüge buchen kann und gehen beruhigt schlafen.
Am nächsten Morgen dann die böse Überraschung. Der günstige Flug ist weg und kostet auf einmal statt 120€ gleich 300€. Wir suchen, schießen unsere Anfragen durch beinahe jede Flugsuchmaschine, aber werden nicht fündig. Wir stehen also schön angeschmiert da und müssen morgen bereits zum Flughafen. Zwar haben wir bereits die amerikanischen Einreisebehören mit unserem Charme um den Finger gewickelt, sind uns jedoch nicht sicher, ob diese Masche im sozialistischen Kuba auch funktioniert.
Wir entscheiden, auf Risiko zu gehen. Wir wollen zum Flughafen fahren und schauen, ob man uns überhaupt ohne Flugticket einchecken lässt. Wir planen extra viel Zeit ein, um im Falle eines Falles die Möglichkeit zu haben, schnell ein Flugticket zu buchen und die Maschine zu besteigen. Soweit wir erstmal im Land sind, denken wir, wird es sicherlich Mittel und Wege geben, die kubanischen Einwanderungsbehörden davon zu überzeugen, dass wir das Land bald wieder verlassen werden, im schlimmsten Fall verbringen wir also einige Zeit in einem staubigen Flughafenbüro. Wegen der Krankenversicherung machen wir uns inzwischen keine Gedanken mehr, sogar so wenig, dass Nikolaus vergisst, seinen Vater zu fragen, ob er den Bescheid nicht noch kurz einscannen kann. Wir sind also denkbar schlecht vorbereitet.
Früh am nächsten Morgen geht es los. Die Collectivos fahren über Playa del Carmen nach Cancun und wir sehen von Weitem die fürchterliche Hotel Skyline, für die der Ort im negativen Sinne berühmt ist. Von allen Seiten wurden uns sehr unschöne Sachen über diesen Ort erzählt, ein Ort, der praktisch nur für Touristen gebaut wurde und nur aus Hotelressorts besteht, die sich anneinanderreihen und es dabei schaffen, jeweils hässlicher auszusehen als das vorige.
Am Flughafen angekommen staunen wir nicht schlecht. Zwar sind es noch über zwei Stunden bis zum Abflug und dennoch ist die Schlange extrem lang. Bange Minuten des Wartens vergehen, bis wir endlich dran sind. Aber nichts. Man nimmt schweigend unser Gepäck entgegen und lässt uns passieren.
Was haben wir mal wieder für ein tierisches Glück gehabt.

Paul
Wie eine Postkarte

Nachtrag:
da inzwischen alle unsere Handys so beeinträchtigt sind, dass wir nicht mehr auf unsere gemachten Fotos zurückgreifen können, muss der verehrte Leser leider mit dem Vorlieb nehmen, was Google ausspuckt. Wir haben allerdings festgestellt, dass die Fotos teilweise besser sind als unsere.
Wer hätte das gedacht

1 Kommentar:

  1. Liebe Weltreisende,
    während Ihr in der Welt rumgondelt, passieren in Berlin unglaubliche Sachen- vorgestern waren wir in einem kleinen, aber total ausverkauften Kino und haben einen Film gesehen, den wir nie vergessen werden. Da gibt es einen Hauptdarsteller, von dem noch viel zu hören und zu sehen sein wird. Man möchte ihn auf der Stelle in eine weiche Wolldecke wickeln und mit nach Hause nehmen. Er heißt Paul Gäbler oder so. mama

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