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Wir treffen also Orlin. Einen gebürtigen Bulgaren, der im Jahre 2010 mit seiner Familie in die USA immigrierte. Nachdem seine Frau sich im Laufe dieser Zeit von ihm schied, lebt er nun mit seinen zwei Kindern in einem Vorort von Dallas, etwa 20 Minuten Autofahrt entfernt.
Wir beziehen mit unseren Rucksäcken eines der Kinderzimmer und setzen uns mit Orlin auf ein Bier und eine überraschen leckere Portion Nudeln zusammen. Schnell wird klar, dass Orlin sehr gerne über seine Vergangenheit spricht. Dies stört uns jedoch keinesfalls, denn sie handelt von einem Immigranten, der in die USA aufbrauch um dort für sich und seine Familie ein besseres Leben als in Bulgarien aufzubauen.
Nachdem er in Bulgarien Linguistik (Englisch, Spanisch und Italienisch) studierte, sich politisch für die bulgarische Demokratie engagierte und eine Techniksendung im bulgarischem Radio moderierte, wurde ihm nach 13 Jahren stetiger Neubeantragung, dass Recht zuteil, als Inhaber der begehrten "Greencard", in die USA immigrieren zu dürfen.
Dort versucht er sich nun seit mittlerweile vier Jahren, als IT-Fachmann zu profilieren. Nachdem jedoch die Firma bei der er in Dallas arbeitete im August 2014 bankrott ging, lebt er nun mit dem Problem der Arbeitslosigkeit. Der Fakt, dass sein Englisch recht brüchig ist und der Umstand, dass er keine wirklich aussagefähigen Qualifikationen im Bereich Technik zu haben scheint, erschweren ihm die Suche nach einer Neuanstellung erheblich.
Trotzdem lernen wir Orlin als warmherzigen und freundlichen Menschen kennen, der hinzu noch ein liebevoller Vater für seine zwei Kinder ist. Den Stress der Jobsuche und die wahrscheinlich damit verbundene Exsistenzangst, lässt sich Orlin vor uns und seinen Kindern nicht anmerken.
Wir gehen also glücklich und gesättigt in dem rosafarbenem Kinderzimmer zu Bett, und erholen uns von der Busreise.

Wir entscheiden uns für das Dallas Aquarium, und verbringen den Tag mit verschiedensten Arten Fischen, Krokodilen und Schildkröten. Jedoch nicht bevor wir mit dem öffentlichem Verkehrnetz jeweils zwei Stunden hin und zurück gefahren sind.
Wie im vorherigem Blogeintrag bereits erwähnt, versuchen wir dieses mal, anstatt langweilig den Bus zum nächsten Ziel zu nehmen, zu trampen. Wir basteln ein kleines "AUSTIN"-Schild, und suchen, nachdem wir uns von Orlin verabschiedet haben, einen Truckstop in Nähe einer Metrostation. Dieser stellt sich jedoch als schlicht nicht-existent heraus, und es beginnt die erneute Suche nach einer Alternative.
Diesmal wird es nichts mit der "Nähe zu einer Metrostation". Unsere Auswahl befindet sich in etwa zehn Kilometern Entfernung zur nächstliegenden.
Man könnte zwar an diesem Punkt schon mit normalem Menschenverstand voraus sagen, dass das keine gute Idee ist, vor allem wenn man die Tatsache hinzu zieht das die Zeit mittlerweile bis 18:00 Uhr fortgeschritten ist, was bedeutet, dass uns etwa eine Stunde Tageslicht verbleibt.
Dies alles kümmert uns an diesem Punkt jedoch relativ wenig. Sei es aus übermässigem Tatendrang, oder schlichter Dummheit. Wir machen uns frohen Mutes auf den Weg ins Nirgendwo. Vorbei an großen Landstraßen und Feldern. Wir passieren kleine, abgelegene Ortschaften, in denen wir von großen, aggresiven Kampfhunden angebellt und angeknurrt werden.
Hierbei sind wir froh über jeden Zentimeter Zaunhöhe und jedes Glied in den massiven Eisenketten. Der Gedanke, dass Hunde meist die Aggression und Gewaltätigkeit ihrer Herrchen wiederspiegeln, macht die Situation nicht unbedingt angenehmer.
Es hält glücklicherweise jeder Zaun und jede Kette, und wir wandern weiter Richtung Truckstop. Froh nach wie vor im Besitz all unserer Gliedmaßen zu sein.
Nach etwa drei Stunden wandern, erreichen wir eine Tankstelle, an der wir eine Pause einlegen und es schon mal ein bisschen mit dem Trampen probieren. Das Austin-Schild wird ausgepackt, und mit aufgesetzem Grinsen gucken wir Richtung vorbeifahrender Autos. Es ist mittlerweile 21 Uhr und stockdunkel.
Nach fünf Minuten hält endlich das erste Auto.
Welches sich jedoch unglücklicherweise als Polzeiwagen entpuppt. Der recht freundliche Polizist weist uns darauf hin, dass trampen nicht nur gefährlich, sondern auch illegal in Texas ist. Er ist außerdem ein wenig verwundert, was zwei deutsche Touristen, beladen mit Rucksäcken, mitten im Nirgendwo im Umland von Dallas, an einer Tankstelle, am späten Abend bei Dunkelheit zu suchen haben.
Im Nachhinein kann ich ihm diesen Gedanken nicht einmal verübeln.
Wir satteln also unsere Rucksäcke und laufen den letzten Kilometer zu dem ausgewählten Truckstop. Mittlerweile haben wir sämtliche verbleibende Zivilisation verlassen, und befinden uns auf dunklen Straßen ohne Beleuchtung.
Gegen 22:00 Uhr erreichen wir den Truckstop. Er stellt sich jedoch als privates Grundstück heraus. Beim versuch ihn zu betreten werden wir sofort von einem LKW-Fahrer angehupt, welcher uns mitteilt, das trampen hier nicht nur unmöglich ist, sondern das obendrein eine Security das Gelände passiert, welcher sofort die Polizei ruft wenn Tramper versuchen das Gelände zu betreten.
Dies ist natürlich ein Rückschlag. Ein großer sogar. Das bedeutet, dass wir die letzen vier Stunden, mit unseren Rucksäcken, durchs Nirgendwo gewandert sind, um jetzt in besagtem Nirgendwo, in absoluter Dunkelheit gestrandet zu sein.
Nachdem wir in Gedanken unsere Handlungsmöglichkeiten durchgehen, fällt uns auf, dass wir nur eine einzige haben. Wir satteln unserer Rucksäcke auf unsere mittlerweile strapazierten, schmerzenden Schultern und treten den zehn Kilometer langen Weg zurück nach Dallas an. Es geht also wieder vorbei an den Feldern, kleinen Vororten und aggressiven Hunden, die nach wie vor bereit stehen, um uns unter Umständen sämtliche Gliedmaßen auszureißen.

Wir erreichen Dallas gegen ein Uhr morgens. Diesmal sieht die Skyline sehr viel einladender aus, und die Freude, wie auch die Erschöpfung, ist riesig, als wir schlussendlich die Metrostation an der wir sieben Stunden zuvor starteten, erreichen.
Mit viel Glück erreichen wir noch den letzten Zug Richtung Downtown und lassen uns und unsere Rucksäcke auf die Sessel fallen. Die Idee des abenteuerlichen Trampens ist mittlerweile völlig verabschiedet und wir beginnen unsere Suche nach einem offenem WLAN, um Bustickets nach Austin zu buchen. Glücklicherweise ist offenes WLAN in den USA keine Mangelware. Wir buchen in einem McDonalds ein Ticket für sechs Uhr morgens.
Knappe fünf Stunden Wartezeit liegen vor uns.
Besagter McDonalds ist allerdings eine Sehenswürdigkeit für sich. Am vorherigen Tag fand anscheinend ein großes College-Football-Spiel statt, was dafür sorgt, dass das gesamte Lokal voller völlig betrunkener Jugendlicher ist, die entweder billige Burger in sich reinstopfen, pöbeln oder schlicht und einfach auf den Tischen schlafen.
Wir freunden uns dort mit einem Obdachlosen namens Terry an. Terry erzählt uns seinem Leben, und seinen Plänen für die Zukunft. Auch er hat eine Geschichte zu erzählen die geprägt ist, von einem stetigem Auf und Ab im Sinne des amerikanischem Berufslebens und Lebensstil.
Wir genießen die Gesellschaft Terry's, geben ihm ein paar Cheeseburger aus, und machen uns gemeinsam mit ihm über die Alkoholleichen im McDonalds lustig. Zum Abschied hin schenkt Paul ihm sogar einen Pullover, den er überflüssigerweise mitnahm.
Die Stunden Wartezeit vergehen schnell, und die Bekanntschaft mit Terry hätte ein wunderbares Beispiel der amerikanischen Offenherzigkeit sein können. Jedoch fragt Terry, nachdem wir uns langsam Richtung Bus aufmachen, ob wir ihm nicht noch schnell 300$ leihen könnten.
Seiner Aussage nach hat er Probleme mit einer Freundin und seinem Sohn, weswegen er uns um dieses Darlehen bittet und hoch und heilig verspricht, es bald zurückzuzahlen. Dies verwundert uns ein wenig, denn es erscheint uns mehr als genug einem Obdachlosen ein Essen, Zigaretten und einen Pullover zu spendieren. Jedoch lässt Terry nicht locker. Bittet und bettelt, versucht an unser Gewissen und unsere Warmherzigkeit zu appellieren, was uns im Endeffekt in die Situation trieb ihn relativ abschiedslos zu verlassen.
Im Nachhinein wird die Offenherzigkeit Terrys wohl nur eine Masche gewesen sein, um uns zu überzeugen, ihm zu vertrauen, und ihm Geld zu 'leihen'. Dieser Gedanke beschäftigt uns als wir schlussendlich an unserer Busstation ankommen, um erneut den Megabus zu betreten.
Diesmal geht es nach Austin. Und während wir mit Gedanken an Orlin, unseren gescheiterten Trampversuch und Terry, übermüdet im Megabus platz nehmen, und die Klimaanlage anfängt den Bus erneut auf gefühlte 12°Celsius zu kühlen, schließen sich die Bustüren, und es geht weiter in eine neue Stadt und einen neue Etappe.
Hallo ihr Beiden,
AntwortenLöscheneure Erlebnisse in Dallas waren ja sehr beeindruckend zu lesen.Claus hat mir eure Blogs weitergeleitet,so kann ich euch "verfolgen".Sandra,Marie und Ranja sitzen jetzt im Bus von Marrakesch nach Agadir,ca.35okm,wo sie Nicole sehnsüchtig erwartet und eine pralle,sicher interessante Reisewoche vorbereitet hat...Von Sandra soll ich dir schreiben,dass du doch deine Mails lesen sollst.Sie würde gerne "in dieser Sache" aktiv werden....
Bones geht es gut,sie "muss" jeden Tag Berg hoch und runter laufen,was sie auch brav tut.Ich kann mich dabei immer wieder in Geduld üben.Schicke euch liebe Grüsse und "passt auf euch auf"..So ein Spruch darf nicht fehlen von deiner Omi Gila.Tschüsssssssss........