Wir hatten seltener als erwartet das Gefühl, in einer völlig fremden Welt zu sein. Viel zu häufig hat man in Filmen, Bildern oder auch Büchern New York bereits besucht.
Dennoch gibt es einige Unterschiede, die einem immer wieder frappierend auffallen.
Wer auch immer in New York Air Conditioner verkauft, wird ein verdammt gutes Geschäft gemacht haben. Jede Wohnung, jedes Zimmer, jedes Lokal kühlt seine Räume auf weit unter Zimmertemperatur, so dass man ab und zu tatsächlich friert, wenn man gegen Abend eine Bar besucht. Die Klimaanlagen laufen den ganzen Tag durch, was nicht nur zu vermutlich hohen Stromkosten führt, als auch zu einem unangenemen Dauerdurchzug, der mich als untrainierter Deutscher sofort eine Erkältung hat kriegen lassen.
Allerdings muss man entschuldigen hinzufügen, dass die Temperaturen im Juli/August gerne die 40°C erreichen, kombiniert mit 90% Luftfeuchtigkeit. Dennoch wäre es nicht abwegig, die Air Conditioner im relativ milden September auszuschalten.
Auch im Punkt Stromverbrauch stoß ich mit meinen deutschen, spießigen Gewohnheiten (Licht ausschalten, wenn man die Wohnung verlässt) auf wahre Wunder. Das ist hier offensichtlich einfach nicht mode.
Zurzeit befinden wir uns in einer Blase der guten Gesellschaft und hoher Bildung. Unser Freund Max, mit dem wir zusammen auf der Schule waren, hat es wieder zu seinen amerikanischen Wurzeln gezogen und studiert an der Columbia Philosophie. Da er Teil einer Studentenverbindung ist, wohnt er mit vielen anderen Verrückten in einem feinen, noblen Haus am Riverside Drive Ecke 116th Street in Nord-Manhattan. Hier verbringen wir meistens die Abende und führen sehr spannende, philisophische Gespräche, von denen ich leider nur die Hälfte verstehe.
Zurzeit sitze ich im Kamin-Zimmer des Hauses, gegenüber vom Esszimmer, über mir befindet sich ein Billard Raum, nebst Zapfanlage und Klavierzimmer. Alles sehr fein und nobel, man möchte fast sagen britisch eingerichtet.
Da wir bereits so viel Glück während unserer vorigen Reiseetappen hatten (bequemer Flug, entspannte Einreise, gutes Wetter) und uns nun auch noch in so einer perfekten Unterkunft wiederfinden, haben wir allmählich ziemliche Karma-Angst und rechnen praktisch jeden Moment damit, gekidnappt und vergewaltigt zu werden.

Da wir uns vorwiegend nur zu Fuß fortbewegen, haben wir sowohl ziemlich alle Sehenswürdigkeiten in New York gesehen, als auch das Manhattaner Lebensgefühl in uns aufgesogen und fühlen beide, dass es bald weitergehen kann.
Wäre da nicht nächsten Samstag Oktoberfest, was in New York bzw. vermutlich in den kompletten Staaten extatisch zelebriert wird. In vielen Bars gibt es bereits jetzt zum Freundschaftspreis von 15$ deutsches Oktoberfestbier.
Auch wenn wir beide als Berliner selbstverständlich alles was mit München zu tun hat abgrundtief hassen (wir beide waren auch noch nie bei einem Oktoberfest, wird es für uns wohl eine kuriose Situation, in New York, 12.000 Kilometer von Deutschland entfernt, unsere Wiesn-Jungfräulichkeit zu verlieren.
Erstaunlicherweise haben wir mit unsern 20 Jahren keinerlei Probleme, Alkohol zu bekommen bzw. überhaupt in die entsprechenden Bars hineinzugelangen. Für den Notfall hat uns unser Gastgeber Fake-IDs mitgegeben (also IDs von anderen Mitstudenten) die uns, in Nikolaus Fall, auf dem Foto sehr ähnlich sehen, oder wie in meinem Fall NULL ähnlich sehen. Bis jetzt wurden wir aber kein einziges Mal gefragt.
Offensichtlich sehen wir doch älter aus, als wir immer dachten.
Nun geht es mit dem Bus weiter, bis nach Atlanta, wo wir uns gerade noch intensiv um Couchsurfer-Plätze kümmern, um dann mit dem Bus weiter nach New Orleans zu fahren. Vorraussichtlich wird uns diese 2.500 Kilometer lange Strecke 130§ kosten. Kann man machen.
Desweiteren freue ich mich zu verkünden, dass der nächste Blog Eintrag, den wir vermutlich in Atlanta schreiben, vom lustigen Nikolaus übernommen werden wird. Falls er nicht doch noch davor kneift.
Bis bald!
Paul


Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen